Zurück 17 Mar 2022 · 9 min lesezeit
von Kathrin Rothfischer

Keine Lust auf Sex? Libidoverlust bei Frauen kann viele Ursachen haben. Häufig ist sie ein vorübergehendes Problem und nicht immer ist eine Behandlung nötig. Wenn die Lustlosigkeit allerdings zur Belastung wird, solltest du dir professionelle Hilfe suchen.

Sexuelle Unlust bei Frauen ist Schätzungen von Expert:innen zufolge weitverbreitet. So leiden etwa 30 bis 40 Prozent im Laufe ihres Lebens daran. Als Ursachen kommt vieles infrage. Manchmal stecken körperliche oder psychische Erkrankungen dahinter. Nach der Geburt eines Kindes, bei Stress im Beruf oder familiären Belastungen ist es oft ganz normal, dass das Bedürfnis nach sexuellem Kontakt nachlässt. Auch in langjährigen Beziehungen ist dies häufig der Fall. So vielschichtig wie die Sexualität der Frau sind daher auch die Gründe für ihre sexuelle Unlust.

Generell gilt: Häufig ist der Libidoverlust auf bestimmte Lebensphasen bezogen und tritt nur vorübergehend auf. Nur selten liegt eine krankhafte Störung zugrunde, die eine Behandlung erfordert. Dieses Wissen kann dir und auch deinen Partner:innen dabei helfen, entspannter mit der Lustlosigkeit umzugehen.

Sexuelle Unlust Frau: Was ist ein Libidoverlust?

Libido – was ist das?

Bei der Libido (vom lateinischen Wort „libido“ = Verlangen, Begierde, Lust) handelt es sich um den Geschlechtstrieb eines Menschen, auch sexuelle Appetenz genannt. Der Trieb, die sexuelle Lust zu befriedigen, ist ein starkes Bedürfnis, ohne den es keine Fortpflanzung geben würde. Ursprünglich stammt der Begriff „Libido“ aus der Psychoanalyse nach Sigmund Freud. Er definierte sie als zentrale Motivation, der viele Verhaltensweisen zugrunde liegen. Mittlerweile steht Libido auch ganz allgemein für das Verlangen, die eigene Sexualität auszuleben.

Was ist Libidoverlust?

Libidoverlust bedeutet, dass du kein oder nur ein vermindertes sexuelles Verlangen hast. Das heißt, du

  • hast kein oder nur ein sehr geringes Bedürfnis nach sexuellem Kontakt, 
  • hast kaum sexuelle Gedanken, Gefühle und Fantasien, 
  • ergreifst nur selten die Initiative zum Geschlechtsverkehr und 
  • fühlst dich körperlich nur schwach zu anderen Personen hingezogen.

Finden sexuelle Handlungen statt, kannst du diese aber durchaus als erfüllend empfinden. Das fehlende Verlangen nach Sex kann alle Formen sexueller Aktivität betreffen oder nur bestimmte Bereiche. Manche Betroffenen möchten zum Beispiel keinen Geschlechtsverkehr, haben aber Lust auf Selbstbefriedigung. Hält dieser Zustand mindestens sechs Monate an und ist der psychische Leidensdruck dadurch sehr groß, sprechen Mediziner von einer sexuellen Lust- oder Appetenzstörung. Hier kann es auch zu einer regelrechten Aversion gegenüber sexuellen Handlungen allgemein oder nur gegenüber bestimmten sexuellen Aktivitäten kommen. 

Generell ist es schwierig, ein allgemeines Maß für die Lust auf Sex zu finden. Denn das sexuelle Verlangen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, und was für die einen normal ist, würden andere bereits als sexuelle Unlust bezeichnen. Hat eine Frau keine Lust auf Sex, gilt sie manchmal immer noch als frigide. Bedeutung und Herkunft des Wortes stammen aus dem Lateinischen. Das Wort „frigidus“ heißt übersetzt „kühl“, „starr“ oder „kalt“. Frigidität ist der mittlerweile veraltete Fachbegriff für Libidoverlust, da er als abwertend empfunden wird. Nur umgangssprachlich findet er mitunter noch Verwendung. 

Sexuelle Unlust Frau: Welche Ursachen gibt es?

Sexuelle Unlust bei Frauen kann verschiedene Ursachen haben. Hier spielen sowohl organische als auch psychische Auslöser eine Rolle. Oft gibt es auch nicht einen einzigen Auslöser, sondern es sind mehrere Faktoren beteiligt.

Psychosoziale Faktoren

Die Psyche hat einen entscheidenden Einfluss darauf, ob wir Lust empfinden. Stress im Alltag oder Beruf, Probleme in der Partnerschaft oder Familie, Existenzängste sowie Unzufriedenheit mit sich und dem eigenen Körper können zum Beispiel Gründe dafür sein, warum sexuelle Unlust entsteht. In langjährigen Beziehungen schleicht sich zudem oft eine Art Gewöhnung ein, die die sexuelle Anziehungskraft beeinträchtigen kann. Bei Frauen sind die Gründe für sexuelle Unlust oft auch situationsbedingt. Nach der Geburt eines Kindes ist es zum Beispiel völlig normal, wenn dein sexuelles Verlangen gering ist. Du musst dich vielleicht erst in deine Rolle als Mutter einfinden, bist aufgrund des Schlafmangels erschöpft oder hast noch mit den körperlichen Folgen der Geburt zu kämpfen.

Körperliche Erkrankungen

Körperliche Erkrankungen können dafür sorgen, dass Frauen keine Lust auf Sexualität mehr verspüren. Neben gynäkologischen Problemen wie etwa Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), Endometriose (Ansiedelung von Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt) oder vaginaler Trockenheit können andere körperliche Beschwerden infrage kommen. Dazu zählen beispielsweise:

  • Gefäß- und Herzkrankheiten (zum Beispiel Bluthochdruck, Herzschwäche)
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • gestörter Zuckerstoffewechsel (Diabetes mellitus)
  • Leberzirrhose
  • neurologische Erkrankungen (etwa Multiple Sklerose, Schlaganfall)
  • Nierenschwäche
  • Hormonstörungen

Psychische Erkrankungen

Eine Depression geht oft mit einem Libidoverlust einher und bewirkt, dass die Frau keine Lust mehr auf Sexualität hat. Dabei kann es sich um ein Symptom der psychischen Erkrankung handeln. Mitunter können auch Medikamente gegen die Depression bewirken, dass kein sexuelles Verlangen mehr vorhanden ist. Auch andere psychische Leiden wie etwa Angststörungen, psychische Traumata, Persönlichkeits- sowie Zwangsstörungen können für die sexuelle Unlust bei Frauen eine Rolle spielen. Zudem führen Suchterkrankungen beziehungsweise der Missbrauch von Alkohol oder Drogen zu Libidoverlust.

Medikamente

Verschiedene Medikamente können das sexuelle Verlangen bei Frauen mindern. Neben den bereits genannten Antidepressiva gehören dazu zum Beispiel Mittel gegen Bluthochdruck und zu hohe Blutfettwerte, entwässernde Arzneien, Herzmedikamente und Haarwuchsmittel. Auch Verhütungsmittel sind mitunter Auslöser für sexuelle Unlust: Pille, Vaginalring und andere hormonelle Medikamente zur Empfängnisverhütung verändern den Hormonhaushalt und dadurch manchmal auch die Libido.

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Wechseljahre: Sexuelle Unlust in der Menopause

In den Wechseljahren durchläuft der Körper einer Frau hormonelle Veränderungen. Die Konzentration an weiblichen und auch männlichen Geschlechtshormonen nimmt ab. Das kann dazu führen, dass die Scheide trockener ist und Geschlechtsverkehr Schmerzen verursacht. Neben der hormonellen Umstellung können in den Wechseljahren organische und psychische Faktoren eine Rolle für die sexuelle Unlust spielen. Häufig treffen die Wechseljahre mit anderen Ereignissen zusammen, die eine einschneidende Veränderung im Leben darstellen (etwa Trennungen, berufliche Herausforderungen etc.). Das kann das sexuelle Verlangen zusätzlich beeinflussen.

Was tun gegen sexuelle Unlust der Frau?

Der Libidoverlust bei Frauen kann verschiedene Ursachen haben – und ist oft nicht auf einen einzigen, konkreten Auslöser zurückzuführen. Ebenso vielfältig sind die Ansätze, um die sexuelle Unlust zu überwinden.

Körperliche Ursachen abklären

Zuallererst ist es wichtig, eventuell zugrundeliegende körperliche Gründe abklären zu lassen. Steckt eine Erkrankung hinter der sexuellen Unlust, kann die richtige Behandlung manchmal auch die Libido positiv beeinflussen. Ärzt:innen können zudem feststellen, ob bestimmte Medikamente hinter dem Libidoverlust stecken und Alternativen anbieten. Auch ein hormonelles Ungleichgewicht lässt sich mit ärztlicher Hilfe oft wieder ins Gleichgewicht bringen. Bei Wechseljahresbeschwerden wie trockener Scheide oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sind Gynäkolog:innen die richtigen Ansprechpartner:innen. Sie können Hilfsmittel wie Gleitcremes empfehlen und allgemeine Tipps gegen sexuelle Unlust bei Frauen geben.

Entspannung

Die Doppelbelastung aus beruflichen und familiären Verpflichtungen lässt bei Frauen sehr häufig die Lust schwinden. Steckt Stress hinter dem Libidoverlust, kann manchmal gezielte Entspannung helfen. Dafür stehen verschiedene Techniken wie Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Autogenes Training zur Verfügung. Auch Yoga oder Pilates, Sportarten, die Atmung und Bewegung verbinden, beruhigen das Nervensystem – und können so mitunter die Libido erhöhen.

Pflanzliche Mittel

Verschiedene pflanzliche Mittel gelten als luststeigernd. Duftende Aromaöle mit aphrodisierender Wirkung (beispielsweise Jasmin, Patchouli, Ylang-Ylang, Vanille, Sandelholz) können zum Beispiel als Badezusatz, Duftspray für Bettlaken oder zur Massage eingesetzt werden. Ingwer und Chili wirken durchblutungsfördernd und sollen so das Lustempfinden steigern. Hier muss man ein wenig experimentieren um herauszufinden, was man selbst und auch der:die Partner:in als angenehm empfindet.

Kreativität zeigen

Gerade in langjährigen Beziehungen ist sexuelle Unlust häufig und tritt oft nicht von einem Tag auf den anderen, sondern schleichend auf. Das ist ganz normal. Man teilt den Alltag, kennt sich genau und hat seine Routinen – auch im Bett. Hier hilft es, kreativ zu werden. Etwas Neues auszuprobieren, zum Beispiel Sexspielzeug oder Rollenspiele, kann frischen Wind ins Schlafzimmer bringen. Oft fehlt einfach die Zeit für Zweisamkeit. Ein offenes und ehrliches Gespräch wirkt oft Wunder und kann den gemeinsamen Sex verbessern.

Sich selber besser kennenlernen

Sich mit dem eigenen Körper – und mit der eigenen Lust – zu beschäftigen, ist eine wichtige Voraussetzung, um in einer Partnerschaft sexuelle Wünsche und Vorlieben besser äußern zu können. Selbstbefriedigung ist für manche Menschen allerdings mit Schuldgefühlen verbunden. Dabei ist es hilfreich zu wissen, dass es sich dabei um eine eigenständige Form der Sexualität handelt, die nicht in Konkurrenz zur partnerschaftlichen Sexualität steht.

Luststeigernde Mittel für Frauen

Lustfördernde Medikamente für Frauen werden vor allem im Internet als hilfreich angepriesen. Weder für diese noch andere Mittel (zum Beispiel zur Förderung der Durchblutung) gibt es einen überzeugenden Nachweis dafür, dass sie die Lust steigern können. Oft sind diese Arzneimittel auch mit starken Nebenwirkungen verbunden, vor allem psychoaktiv wirkende Substanzen. Sie können unter anderem zu Schwindel, Müdigkeit, Übelkeit, Schlafstörungen und Mundtrockenheit führen und bei langfristiger Einnahme auch Entzugserscheinungen wie innere Unruhe, Schlaflosigkeit sowie einen noch ausgeprägteren Libidoverlust auslösen. Expert:innen raten Frauen daher davon ab, luststeigernde Medikamente einzunehmen.

Psychologische Hilfe suchen

Steckt ein psychisches Problem hinter der Lustlosigkeit, können Psycholog:innen und Sexualtherapeut:innen weiterhelfen. Im Rahmen einer Paartherapie können zum Beispiel Probleme besprochen und Blockaden gelöst werden, die auch die Libido beeinflussen. Manchmal lösen auch schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit oder Bindungsangst sexuelle Unlust aus. Therapeutische Hilfe ist vor allem dann angebracht, wenn die Situation sehr lange anhält und dich sehr belastet.

Sexuelle Unlust Frau: Richtiger Umgang mit der Partnerin

Hat Frau keine Lust auf Sex mehr, macht das ihrem:ihrer Partner:in häufig schwer zu schaffen. Das kann eine Beziehung stark belasten. Wichtig ist daher, sowohl offen und ehrlich als auch ohne Schuldzuweisungen miteinander über die persönlichen Gefühle und sexuellen Wünsche zu sprechen. Dabei sollte man aber niemanden unter Druck setzen. Sexuelle Unlust ist oft ein vorübergehendes Problem und muss nicht immer gleich bedeuten, dass eine behandlungsbedürftige Störung dahintersteckt. Wem das bewusst ist, der kann besser damit umgehen.

Ein Artikel von

Kathrin Rothfischer Medizinredakteurin

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Quellenangaben

  1. Dorsch Lexikon der Psychologie Online (o. D.). Libido.https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/libido
  2. Färber, S. & Meyer, A. (2016). Aromaöle für die Hausapotheke: Naturdüfte kennen und richtig anwenden. Kosmos 2016Janni W et al.: Facharztwissen Gynäkologie. Elsevier Health Sciences 2021
  3. Frauenärzte im Netz (o. D.). Luststeigerndes Medikament für Frauen: Flibanserin.https://www.frauenaerzte-im-netz.de/aktuelles/meldung/luststeigerndes-medikament-fuer-frauen-flibanserin/
  4. Frauenärzte im Netz (o. D.). Sexualstörungen.https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/sexualstoerungen/krankheitsbild/
  5. Pro Familia (o. D.). Lustwandel, Sexuelle Probleme in der Partnerschaft. https://www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/ePub/lustwandel/html5.html#/2
  6. Pschyrembel Online (o. D.). Sexuelle Appetenzstörung. https://www.pschyrembel.de/Sexuelle%20Appetenzstörung/K0QLC
  7. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (o. D.). Libidoverlust. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/sexualorgane/sexuelle-funktionsstoerungen/libidoverlust-diagnose-therapie

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