Zurück 05 May 2022 · 17 min lesezeit
von Felicitas Eva Lindner

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Selbstverliebtheit, Egozentrismus, mangelndes Einfühlungsvermögen. Das alles gilt im Volksmund als narzisstisch. Synonym diese Eigenschaften für narzisstische Menschen zu verwenden, ist das wirklich korrekt? Menschen mit diesen Eigenschaften nehmen wir oft als narzisstisch war oder beschreiben sie so. Doch was ist ein narzisstischer Mensch, was heißt narzisstisch, wie erkennt man narzisstische Menschen und wie findet man einen guten Umgang mit ihnen?

Narzissmus: Definition

Was ist Narzissmus, was ist ein Narzisst? Narzissmus wird oftmals als Persönlichkeitsstörung bezeichnet. In der wissenschaftlichen Psychologie ist die Definition jedoch gar nicht so einfach. Handelt es sich bei Narzissmus tatsächlich um eine Störung, oder steckt in uns allen ein bisschen Narzissmus?

Tatsächlich handelt es sich bei Narzissmus zunächst um ein Persönlichkeitsmerkmal, welches wir alle in uns tragen. Dazu gehören wichtige Eigenschaften wie Selbstbewusstsein, die Fähigkeit, sich durchzusetzen oder auch Erfolgsorientierung. Es kann geringer oder stärker ausgeprägt sein kann, in der Regel liegen die meisten Menschen irgendwo in der Mitte des Narzissmus-Spektrums. Erst wenn dieses Merkmal sehr stark nach oben ausschlägt spricht man von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Eine gewisse Zentrierung auf sich selbst ist ganz normal und ein gesundes Selbstbewusstsein auch wichtig. Das Zusammenkommen von drei Eigenschaften kennzeichnet in der Wissenschaft Narzissmus:

  1. Großartigkeit - im Verhalten oder auch der Phantasie
  2. großes Verlangen nach Bewunderung von außen
  3. fehlendes Einfühlungsvermögen

Woran erkennt man Narzissten?

Bei Verdacht auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, fragen Psycholog:innen bestimmte Merkmale in der Regel mit einem Fragebogen ab. Für nicht so geschulte Personen, die wissen möchten, ob sie selbst oder Menschen in ihrem Umfeld narzisstische Tendenzen haben, haben wir hier ein paar Punkte zusammengefasst, an denen man Narzisst:innen erkennen kann.

Narzissmus Psychologie: Fragebogen und Diagnose

Was ist ein:e Narzisst:in? Psycholog:innen erfassen in einem Narzissmus-Fragebogen in der Regel drei Hauptmerkmale:

  1. Glauben, anderen Menschen überlegen zu sein oder die:der geborene Anführer:in zu sein. Oftmals sind Narzisst:innen auch in höheren beruflichen Personen zu finden.
  2. Selbstdarstellung: Menschen, die zu Narzissmus neigen, haben einen Hang dazu, sich zu präsentieren
  3. Manipulation: Narzisstisch veranlagte Menschen neigen dazu, andere Menschen bewusst zu manipulieren und zu ihrem Vorteil auszunutzen. 

Nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual psychischer Krankheiten (DSM-5) müssen mindestens fünf der folgenden neun genannten Symptome auftreten, um eine narzisstische Persönlichkeitsstörung klassifizieren zu können:

  1. Betroffene nehmen und halten sich selbst für sehr wichtig
  2. Betroffene haben Machtfantasien und sind stark eingenommen von Erfolg und Schönheit
  3. Sie glauben von sich selbst, sehr besonders zu sein und auch nur von ebenso besonderen Menschen verstanden zu werden
  4. Menschen mit narzisstischen Tendenzen erwarten von anderen bewundert zu werden
  5. Betroffene verlangen, anders oder besser behandelt zu werden als andere
  6. Oftmals werden andere ausgenutzt, um eigene Ziele zu erreichen
  7. Betroffene spüren anderen gegenüber kaum bis hin zu keine Empathie, andere Menschen, ihre Bedürfnisse und Emotionen werden nicht gesehen
  8. Oftmals empfinden Narzisst:innen anderen gegenüber sehr starken Neid und gehen davon aus, dass andere ihnen gegenüber ebenso viel Neid empfinden
  9. Betroffene sind oft sehr arrogant und verhalten sich anderen gegenüber als herablassend

Narzisst:innen erkennen

Für Betroffene oder auch ihnen nahestehenden Personen ist es wichtig erkennen zu können, ob sie tatsächlich unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden. Was sind Narzissten, was ist die Bedeutung? Narzisst:innen haben einen enormen Wunsch und Drang nach Aufmerksamkeit, positivem Zuspruch und Bewunderung. Daher ist es sowohl für sie selbst als auch für ihr Umfeld wichtig zu wissen, wie die Persönlichkeitsstörung erkennbar ist und wie richtig mit ihr umgegangen werden kann. 

  • Erwartung von Komplimenten
  • wenig Empathie
  • Gefühl der Überlegenheit
  • Kleinmachen anderer 
  • leicht zu kränken
  • schnelle Wutausbrüche
  • oft sehr extrovertiert

Ursachen von Narzissmus

Warum Narzissmus entsteht ist nicht gänzlich geklärt und es gibt dazu verschiedene, sich zum Teil auch widersprechende Theorien. Zwei dieser sich widersprechenden Theorien sehen jedoch beide den Ursprung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung in der Kindheit.

  • Eine Theorie besagt, dass Personen, die später im Leben einen Hang zum Narzissmus haben, von ihren Eltern sehr stark verwöhnt wurden und gar keine Gelegenheit dazu hatten, sich mit anderen zu messen und sich selbst und ihre Fähigkeiten einzuordnen. 
  • Die gegenteilige Theorie dazu besagt, dass eher Menschen, die sich in ihrer Kindheit sehr stark beweisen mussten und wenig Anerkennung oder Lob erhalten haben. Wenn Liebe und Anerkennung sehr stark an Leistung gekoppelt und damit in Verbindung gebracht werden, kann eine narzisstische Neigung entstehen.

Hypothesen, die auf Kindheitserfahrungen beruhen, sind nur schwer zu überprüfen. Forscher:innen sind auf die subjektiven Aussagen Betroffener angewiesen.

  • Weitere Theorien, die als eher zutreffend gewertet werden besagen, dass angeborene Eigenschaften und das Temperament bei der Entwicklung von Narzissmus eine Rolle spielen. Mit 50 Prozent genetischer Vererbbarkeit gehört die narzisstische Persönlichkeitsstörung zu den am stärksten erblich bedingten psychischen Erkrankungen. 

Welche Personen sind häufig betroffen?

Was ist narzisstisch, welche Personen neigen eher zu Narzissmus? Narzisstische Persönlichkeitsstörungen sind nicht selten. Rund 6 Prozent der deutschen Bevölkerung sind im Laufe ihres Lebens davon betroffen. Meistens zeigt sich die Störung schon in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter. Die meisten Persönlichkeitsstörungen treten bereits in einem jungen Alter auf.

Männern wird eine narzisstische Persönlichkeitsstörung ein wenig häufiger diagnostiziert als Frauen. Bei Frauen kommt eine diagnostizierte Störung bei rund 5 Prozent vor, bei Männern bei rund 8 Prozent. Für diese Diskrepanz gibt es verschiedene Gründe. Zum einen spielen häufig tatsächlich Geschlechterklischees eine Rolle. Durch gesellschaftliche Prägungen beeinflusst, denken die meisten Menschen, auch ärztliches Fachpersonal, bei Narzissten ganz automatisch zunächst an Männer. Dieses Klischee zu durchbrechen bedeutet viel Arbeit.

Zudem äußert sich Narzissmus bei Frauen teilweise anders als bei Männern. Es gibt im Gegensatz zum grandiosen Narzissmus auch den so genannten vulnerablen Typen der narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Bei dieser Subkategorie sind alle Symptome einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung vorhanden, lediglich die Extrovertiertheit fehlt. Betroffene sind hier eher introvertiert und der Narzissmus ist oft begleitet von Ängsten, einer neurotischen sowie depressiven Neigung.

Was kann man gegen Narzissmus tun?

Die Behandlung von narzisstischen Persönlichkeitsstörungen ist stark davon abhängig, ob Betroffene sich ihre Neigung eingestehen können und bereit sind, an ihr zu arbeiten. Zeigen sich Betroffene bereit und sind sie dazu im Stande, ihre Krankheit zu erkennen, dann können mit einer Therapie gute Erfolge erzielt werden. Studien haben jedoch gezeigt, dass viele Betroffene aufgrund der Erkrankung eher wenig einsichtig sind und Psychotherapien oftmals vorzeitig abgebrochen werden. Betroffene sehen ihr eigenes Verhalten nicht als problematisch, eher im Gegenteil. Narzissmus wird von ihnen zwar nicht als solcher wahrgenommen oder bezeichnet, die damit einhergehenden Eigenschaften werden von ihnen aber durchaus wahrgenommen und von ihnen selbst als sehr positiv bewertet.

Psychotherapie

Die Behandlung von Persönlichkeitsstörungen hat sich in den letzten Jahren sehr stark entwickelt. Psychotherapie eignet sich sehr gut, um auch die narzisstische Persönlichkeitsstörung zu therapieren. Das Therapieziel ist eher selten, die narzisstische Persönlichkeitsstörung zu heilen. Vielmehr arbeitet der:die Therapeut:in gemeinsam mit den Betroffenen an der Selbstwahrnehmung, an der mangelnden Impulskontrolle, einem besseren Umgang mit anderen Menschen und insbesondere dem mangelnden Selbstbewusstsein, das oft hinter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung steckt.

Psycholog:innen können Betroffenen mit Hilfe von Psychotherapie zudem mehr Empathie und sozial akzeptierte Verhaltensweisen näher bringen sowie auch eigene Gefühle und Verhaltensweisen besser zu verstehen.

Der richtige Umgang mit Narzissten

Für Menschen, die sich im näheren Umfeld der Betroffenen befinden, kann es mitunter sehr schwierig sein einen geeigneten Umgang mit ihnen zu finden. Zu Beginn des Kennenlernens können Narzisst:innen sehr charmant, was sie für viele Menschen attraktiv und anziehend macht. Diese Beliebtheit des Anfangs verfliegt aber oft schnell schon nach nur kurzer Zeit.

  • Ich Botschaften: Betroffene von narzisstischen Persönlichkeitsstörungen sind oft sehr sensibel und empfindlich, Kritik nehmen sie oft persönlich. Hierbei ist es hilfreich, die Person nicht als solche zu kritisieren, sondern Ich-Botschaften zu formulieren. So kritisiert man lediglich das Verhalten und kann verhindern, Betroffene direkt anzugreifen.
  • Sich selbst schützen: Narzisst:innen und sehr selbstverliebte Menschen können sehr einnehmend sein und sich selbst sowie ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Daher ist es wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und sie auch wahren zu können. Auch wenn das Äußern von Kritik bei narzisstisch veranlagten Personen ein heikles Thema sein kann, ist es dennoch wichtig, unangenehme Gefühle nicht in sich selbst hineinzufressen. Sprich deine Gedanken an und aus. Wenn du das Gefühl hast, manipuliert zu werden, dann geh zunächst auf Abstand. 
  • Verdacht äußern: Wenn du das Verdacht hast, dein Gegenüber leidet unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, sprich das vorsichtig an. Wahrscheinlich wirst du zunächst auf Widerstand stoßen. Vielleicht kannst du die Person aber auch zum Nachdenken bringen und in ihrem Heilungsprozess unterstützen. 

Mein Partner ist ein Narzisst. Bedeutung für die Beziehung?

Beziehungen mit narzisstisch veranlagten Personen sind meist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Wie gut solche Beziehungen funktionieren können, hängt auch sehr stark vom Selbstbewusstsein und der Leidensfähigkeit der anderen Person ab.

Durch ihr Charisma, das sie auf andere ausüben, verlieben sich viele Menschen schnell in Narzisst:innen. Sie scheinen humorvoll, selbstbewusst, kreativ und unterhaltsam. Dieses Verhalten ist teilweise bewusst manipulativ, da narzisstisch veranlagte Menschen sich so sehr Bewunderung und Bestätigung von außen wünschen. Oft sind Partner:innen von Narzisst:innen und Ich-bezogenen Menschen eher unsichere Personen, die sich schnell unterordnen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass es kein Zeichen von Schwäche ist sich in eine narzisstische Person zu verlieben und, dass das uns allen gleichermaßen passieren kann. Beziehungen zu Narzisst:innen sind auch nicht zwangsläufig zum Scheitern verurteilt, sie können durchaus auch funktionieren. - Am besten mit selbstbewussten, sehr rationalen und kompromissbereiten Partner:innen.

Beziehungen zu Narzisst:innen sind oft geprägt von Wutanfällen, Manipulation und mangelnder Empathie. Meinungsverschiedenheiten eskalieren oft. Diese Beziehungen gesund zu leben ist wirklich nur dann möglich, wenn man dazu in der Lage ist, die eigenen Grenzen zu kennen und einzuhalten. 

Folgende Probleme können laut den Psychotherapeuten Gunnar Eismann und Claas-Hinrich Lammers in Beziehungen zu Narzisst:innen vorkommen:

  1. Mittelpunkt: Narzisst:innen lieben es, im Mittelpunkt zu stehen. Wenn Gespräche, Konflikte und der Alltag sich ständig nur um sie drehen, ist es für Partner:innen schwierig, ihren Platz und die Aufmerksamkeit in der Beziehung zu finden, die sie brauchen und verdienen. Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung verstehen es gut, die Aufmerksamkeit immer wieder auf sich zu lenken. Insbesondere schüchterne oder weniger selbstbewusste Menschen haben es dann schwer, sich zu behaupten.
  2. Fremdbestimmtheit: Partner:innen von Narzisst:innen haben zudem oft nicht nur das Gefühl, nicht gesehen zu werden, sondern auch, ihr eigenes Leben nicht selbst in der Hand zu haben. Da die Wünsche und Bedürfnisse der narzisstischen Partner:innen immer Vorrang haben und sie die Beziehung auch oft bestimmen, fühlen sich die anderen Parnter:innen oft von außen gesteuert.
  3. Konkurrenz: Positive Eigenschaften oder sogar Bereiche, in denen ihre Partner:innen besser sind als sie selbst, können Narzist:innen meist nur sehr schwer anerkennen. Ihren Erfolgen  schenken sie oft nur wenig Beachtung, da sie in ihnen Neid auslösen. Es fällt ihnen schwer damit zurechtzukommen, wenn andere etwas besser können oder erfolgreicher sind als sie selbst.
  4. Nicht kritikfähig: Narzisst:innen mit Kritik oder unangenehmen Gefühlen ihnen gegenüber zu konfrontieren kann schnell nach hinten losgehen. Sie fühlen sich schnell persönlich angegriffen, reagieren beleidigt oder verärgert. Das kann eine Beziehung natürlich sehr erschweren, da man irgendwann vermeiden wird, Probleme anzusprechen.
  5. Emotionale Distanz: Echte Nähe ist für Narzisst:innen schwer. Aus Angst vor Verletzung oder Schwäche zu zeigen sprechen sie nur ungern über Gefühle. So kann keine emotionale Nähe und Verbundenheit mit dem:der Partner:in hergestellt werden, was für viele Menschen unzufriedenstellend ist.
  6. Unehrlichkeit: Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung schrecken nicht vor Lügen zurück, um dahin zu kommen wo sie hinwollen - auch um vermeintliche Erfolge vorzutäuschen. Insbesondere in Bezug auf das Thema Treue kann das in Beziehungen mit Narzisst:innen problematisch werden. Aus sexuellen Affären oder Bekanntschaften schöpfen sie oftmals Bestätigung. Je nach Beziehungsform kann das zu Problemen führen. 
  7. Ausgenutzt werden: Je nach Ausprägung der narzisstischen Persönlichkeitsstörung kann es vorkommen, dass Narzisst:innen ihr Gegenüber nicht als eigenständige Person sehen, sondern gänzlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse sehen. Auch die gesellschaftliche Stellung oder die Attraktivität können für das Zeigen des eigenen Erfolges ausgenutzt werden.

Natürlich treffen nicht all diese Eigenschaften auf alle Narzisst:innen zu und nicht alle Narzist:innen leiden zwingend unter einer Persönlichkeitsstörung. Bei manchen Konstellationen kann eine Beziehung auch mit einer narzisstischen Person funktionieren. Auch wenn die Konstellation selten ist, aber eine Beziehung zwischen zwei zu Narzissmus neigenden Personen kann zum Beispiel sehr positiv sein, da sie sich gegenseitig aufwerten. Aber wie schon erwähnt, fühlen sich eher unsichere Personen zu Narzisst:innen hingezogen. Auch hier kann eine Beziehung funktionieren, da sie sich von den narzisstischen Partner:innen oft entlastet fühlen, nicht so viele Entscheidungen selbst treffen müssen und sich an jemanden halten können. Wie in jeder anderen Beziehung auch geht es in einer Beziehung mit einer zu Narzissmus neigenden Person darum, die Eigenschaften der anderen Person zu akzeptieren und dann kann eine solche Beziehung durchaus auch gelingen. Fühlt man sich aber dauerhaft nicht wertgeschätzt und ernst genommen, ist es durchaus legitim die Beziehung zu beenden. Auch, wenn es schwer fällt.

Bei leichten Ausprägungen der Persönlichkeitsstörung, die aber immer wieder zu Beziehungsproblemen führen, kann es auch hilfreich sein eine Paartherapie in Anspruch zu nehmen.

Narzisstische Eltern

Narzisst - was ist das in der Familie? Narzissmus wird nun nicht nur in partnerschaftlichen, sondern auch in jeglichen Familienkonstellationen zum Problem.

Wenn Kinder mit narzisstischen Elternteilen konfrontiert sind, haben sie oft später im Leben mit daraus resultierenden Konsequenzen zu kämpfen. Eltern mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind meist so sehr auf sich selbst fokussiert, dass es ihnen schwer fällt ihren Kindern die Aufmerksamkeit und Liebe entgegenzubringen, die sie brauchen. In diesen Konstellationen ist es eher so, dass Kinder sich nach ihren Eltern richten und viel tun, um ihre Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen und Konfliktsituationen so zu vermeiden. So bekommen sie auch ein gewisses Maß an Zuwendung. Dadurch, dass die Kinder dann so viel Aufmerksamkeit auf ihre Eltern lenken, kann es passieren, dass sie keinen guten Zugang zu ihren eigenen Gefühlen entwickeln. Auch wenn die Kinder sich im Laufe des Lebens doch ein bisschen von den Eltern lösen und den Fokus mehr auf sich selbst legen, können Probleme und Konfliktsituationen entstehen. Durch den Loslösungsprozess und das Entwickeln eines eigenen Willens kann ein sehr hoher Grad an Misstrauen zwischen Eltern und Kindern entstehen. Dieses Misstrauen ist kennzeichnend für narzisstische Familien. 

Einige Autor:innen legen nahe, es sei ebenso kennzeichnend für narzisstische Eltern, den Kindern gelegentlich doch mit einem sehr hohen Maß an Aufmerksamkeit zu begegnen. Diese Zuwendung, die für die Kinder dann oft überraschend kommt, bindet Kinder oft noch mehr an die Eltern, da diese Momente für sie kostbar sind. Als Erwachsene sprechen Kinder narzisstischer Eltern oft davon, sich für ihre Eltern unsichtbar gefühlt zu haben.

Eine weitere Theorie zu narzisstischen Familien geht davon aus, dass es narzisstischen Eltern in der Beziehung zu ihnen Kindern selten um die Kinder geht. Vielmehr geht es ihnen in der Eltern-Kind-Beziehung darum, selbst Liebe und Bestätigung zu bekommen oder um ihre eigenen Wünsche zu erfüllen. Die Kinder stellen für die Eltern also oft eine Erweiterung der Eltern dar. Bei wichtigen Fragen wollen sie sie steuern und bevormunden, während sie sonst eher den eigenen Bedürfnissen nachgehen. 

Folgen für Kinder

Für die Kinder narzisstischer Eltern kann die Persönlichkeitsstörung der Eltern drastische Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die Beziehungsfähigkeit haben. Unter anderem die hier aufgelisteten Folgen können vorkommen:

  • Depression
  • vermindertes Selbstbewusstsein und vermindertes Selbstwertgefühl
  • Verlustängste
  • Beziehungsprobleme und Bindungsangst
  • Probleme bei der Abgrenzung von Gefühlen anderer
  • ebenfalls Entwicklung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, aus Angst vor negativen Emotionen und sozialer Zurückweisung
  • chronische Erschöpfung und Burnout
  • Essstörungen
  • andere Suchterkrankungen
  • Einfluss auf die Wahl der Partner:innen, vertraute Beziehungsmuster werden bevorzugt

Was kann man tun?

  • Realismus: Menschen, die unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden sind krank. Aufgrund der Krankheit werden Eltern vermutlich niemals dazu in der Lage sein, ihren Kindern ein angemessenes Maß an Liebe und Fürsorge entgegenzubringen. Diese Tatsache anzuerkennen und die Hoffnung auf Liebe hinter sich zu lassen, kann für Kinder sehr befreiend sein.
  • Kontaktabbruch: Den Kontakt zu den eigenen Eltern abzubrechen kann sehr schwer und schmerzhaft für Kinder und für Eltern sein. Unter Umständen kann auch der Kontaktabbruch zu zusätzlichem Konflikt führen, da narzisstische Eltern diesen sehr persönlich nehmen. Für die Kinder kann es aber sehr positiv sein, sich so nicht mehr durchgehend den Problemsituationen zu stellen. So kann auch Platz für einen Neuanfang und eine eventuelle spätere Versöhnung sein. 
  • Grenzen setzen: Bei ganz konkreten Problemsituationen mit einem spezifischen Familienmitglied kann es auch helfen, Grenzen zu setzen und im Vorab Grenzen zu kommunizieren.

Narzissmus im beruflichen Umfeld

Was bedeutet narzisstisch im Arbeitskontext? Es kommt sehr häufig vor, dass narzisstisch veranlagte Personen Führungspositionen innehaben. Das liegt an ihnen zu eigenen Eigenschaften wie Dominanz, Charme, Selbstbewusstsein und Ehrgeiz, ebenso aber auch Suche nach Bewunderung. Konkurrenzkampf und Wettbewerb empfinden sie als positive Herausforderung, sie lassen sich von anderen Menschen nicht einschüchtern und können andere Menschen leicht begeistern. All dies sind Eigenschaften, die sehr positiv für diesen Beruf sind. Allerdings können sie auch schlecht mit Kritik umgehen, sind oft arrogant und haben zu hohe Ansprüche an ihre Mitarbeitenden.

Leidet man sehr unter dem Narzissmus der Führungspersonen, ist es durchaus ratsam in Betracht zu ziehen, das Unternehmen zu verlassen. Oft sind ganze Unternehmen und Managementstrukturen von Personen mit einem Hang zum Narzissmus geprägt. Es kann jedoch auch hilfreich sein, zunächst das Gespräch zu suchen. Entweder mit der Führungsperson selbst, mit Kolleg:innen denen man vertraut oder mit Personen des HR Bereichs. 

Möchte man im Unternehmen bleiben, können folgende Tipps dabei helfen, die Situation so angenehm wie möglich zu gestalten:

  • Mitgefühl: Versuche dich in deine Führungskraft hineinzuversetzen. Sprich an, was du an ihr gut findest, welche Ideen du unterstützen möchtest und wenn es etwas zu loben gibt dann tu das. Sei da jedoch ehrlich dabei. Erwarte aber nicht, dass das im Gegenzug ebenso geschehen wird. Versuche deinen beruflichen Selbstwert anders aufzubauen.
  • Ernst nehmen: Versuche immer deine Führungspersonen ernst zu nehmen. Es ist positiv, andere Ideen zu präsentieren und Vorschläge zu machen, überleg dir dabei aber gut, ob diese gut ankommen könnten. Versuche möglichst, deiner Führungskraft nicht offensichtlich zu widersprechen und ihre Integrität zu wahren.
  • Zeitmanagement: Deine Führungskraft wird dir oft mehr Aufgaben geben, als du tatsächlich bewältigen kannst und deine Ressourcen überschätzen. Versuche, die Aufgaben für dich zu sortieren. Wenn etwas sinnlos erscheint, stell es hinten an, wahrscheinlich wird auch deine Führungskraft die Aufgabe aus dem Gedächtnis verlieren. Versuche dir bewusst eher dann Auszeiten zu nehmen, wenn du weißt, dass es die Aufgaben erlauben. Wenn die Arbeitslast jedoch auch an deinem psychischen Wohlbefinden nagt, dann hör auf dich und deine Grenzen.

Ein Artikel von

Felicitas Eva Lindner Redakteurin · Journalismus M.A. | Psychologie B.Sc. | Psychologie M.Sc.

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Quellenangaben

  1. Fiedler, Peter; Herpertz, Sabine (2016). Persönlichkeitsstörungen. Beltz.
  2. Hartmann, Corinna (2020). Was du über Narzissmus wissen musst. Großspurig, selbstverliebt, berechnend: Das steckt wirklich hinter der Ich-Sicht. Online verfügbar unter https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/was-du-ueber-narzissmus-wissen-musst/  [02.05.22].
  3. Kratzers, Anne (2021). Narzissmus. Online verfügbar unter https://www.psychologie-heute.de/leben/artikel-detailansicht/41618-narzissmus.html  [02.05.22].
  4. Lammers, Claas-Hinrich; Eismann, Gunnar (2019). Bin ich ein Narzisst? Stuttgart. Schattauer.
  5. Lammers, Claas-Hinrich, and Stephan Doering: “Narzissmus und die narzisstische Persönlichkeitsstörung.” PSYCH up2date 12.04 (2018): 331-345.
  6. Mai, Jochen (2022). Narzissmus: Eine einfache Frage entlarvt jeden NArzissten. Online verfügbar unter https://karrierebibel.de/narzissmus/ [02.05.22].

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