Zurück 04 Jul 2022 · 13 min lesezeit
von Hanna Eggebrecht
Lebensfreude finden

Keine Lebensfreude mehr zu verspüren kann jede Person treffen. Ist dir die Lebensfreude aber dauerhaft abhanden gekommen und das beeinträchtigt dich in Job oder in deinen sozialen Beziehungen, dann könnte es ein Anzeichen für eine depressive Symptomatik sein. Mach hier den wissenschaftlich fundierten Selbsttest und erfahre mehr über deinen mentalen Zustand.

Beachte aber, dass der Selbsttest keine fachliche Diagnose ersetzt, sondern lediglich eine erste Einschätzung bietet.

Keine Lebensfreude mehr- warum?

Wenn Lebensfreude zunehmend seltener wird, kann das verschiedene Ursachen haben. Ein häufiger und geläufiger Auslöser für das Gefühl, keine Lebensfreude mehr zu empfinden kann der Alltagstrott sein. Viele Personen in Industrienationen gehen in ihrem alltäglichen Leben einer gewissen Routine nach und merken erst relativ spät, wenn sie diese Routine nicht mehr glücklich macht. Vor allem in den dunklen Wintermonaten kann Lebensfreude zur selten gesehenen Begleiterin werden. 


Was bedeutet Lebensfreude?

Lebensfreude bedeutet, ein positives und lebensbejahendes Gefühl in Momenten des Glücks und der Zufriedenheit zu verspüren. Lebensfreude kann unser täglicher Begleiter werden oder in dosierten Augenblicken zutage treten. Ist uns etwas besonders gut gelungen, fühlen wir uns mit geliebten Menschen verbunden oder haben Spaß an einer Aktivität etc., dann verspüren wir Lebensfreude.

Studie: In Deutschland gaben im Jahr 2021 30,7% von 5000 Befragten in einer Studie an, dass sie sich ihrer Lebensfreude (im Zuge der Pandemie) beeinträchtigt fühlten. Ungefähr zehn Jahre zuvor gab fast die Hälfte der Bevölkerung an, sehr zufrieden mit ihrem Leben zu sein (Lebensfreude auf einer Skala von 0-10 mit 8 bewertet).

Lebensfreude in der Philosophie 

Lebensfreude ist ebenso wie Glück oder Liebe eines der Konzepte, mit dem sich schon Philosophen der Antike beschäftigt haben. Der griechische Philosoph Epikur hat Furcht, Schmerz und Begierden als die zentralen Gegenpole oder Steine auf dem Weg zur Lebensfreude verstanden. Nach dem Lustprinzip bzw. der Seelenruhe (wir könnten das vielleicht mit Lebensfreude vergleichen) kann diese nur erreicht werden, wenn wir ausgeglichen sind. 

„Auch die Unabhängigkeit von äußeren Dingen halten wir für ein großes Gut, nicht um uns in jeder Lage mit Wenigem zufrieden zu geben, sondern um, wenn wir das Meiste nicht haben, mit Wenigem auszukommen […]”

Wie fühlt sich Lebensfreude an?

Lebensfreude ist als Gefühl intensiven Glücks und Zufriedenheit beschreibbar. Diese Empfindungen treten bei und synonym mit Lebensfreude auf:

  • aufgeregt sein oder innere Ruhe
  • Kribbeln im Bauch
  • Freude, Glück
  • wohliges warmes Empfinden
  • Geborgenheit 
  • Zufriedenheit
  • Sicherheit

Das Gegenteil von Lebensfreude oder wenn man mal keine Lebensfreude mehr empfindet, könnte mit den Symptomen einer Depression verglichen werden. Allerdings ist man nicht automatisch depressiv, wenn man für einen Moment nicht vollkommen gut gelaunt ist. Das Gegenteil von Lebensfreude lässt sich ungefähr so beschreiben:

  • grübeln
  • in sich gekehrt sein
  • nicht genießen können 
  • Traurigkeit
  • ungünstige Denkmuster und Interpretationsweisen 
  • Schlafprobleme
  • kein “Lebensmut”/ Ängstlichkeit

Keine Lebensfreude mehr: was tun?

Wenn man keine Lebensfreude mehr spürt, trifft einen diese Erkenntnis meist eher schleichend, bis man sich irgendwann eingesteht, dass etwas nicht stimmt. Die Welt erscheint freudlos und mühsam, man selbst kommt sich vielleicht vor wie das unbedeutsame Rädchen im Getriebe. Dinge, die man sofort tun kann, um die Lebensfreude zu steigern sind:

  • Sport treiben
  • ein Hobby entwickeln/ einem Hobby nachgehen
  • einen neuen Weg im Tagesablauf einbauen (mal die andere Strecke zur Arbeit fahren, Fahrrad statt Bahn nehmen, einen kleinen Umweg zu Fuß einbauen etc.)
  • einmal pro Woche etwas tun, was man so vorher noch nicht gemacht hat

Diese schnellen Selbsthilfe- Tipps für mehr Lebensfreude haben einen gemeinsamen Hintergrund, den du vielleicht schon erkannt hast: dein Gehirn ein wenig “umzupolen”. Personen, die keine Lebensfreude mehr haben, stecken höchstwahrscheinlich in routinierten Denk- und Verhaltensmustern fest, die ihnen schon gar nicht mehr als “festgefahren” auffallen. Indem wir unser Gehirn ab und zu mit neuem “unbekannten” Stoff füttern (zum Beispiel ein anderer Weg zur Arbeit), verändern wir auch die “Wege” und Straßen im Kopf- das verändert auch unsere Art zu denken. 

Habe ich die Lebensfreude verloren? Depression als Ursache

Wir alle haben mal schlechte Tage oder sind froh, wenn eine anstrengende Woche mit wenig neuen Erkenntnissen vorbei ist. Die Lebensfreude kommt manchmal zu kurz im Alltag, aber solange sie zurückkehrt ist alles noch normal. Wenn man keine Lebensfreude mehr hat und das für sehr lange Zeit anhält, dann kann das ein Anzeichen für eine Depression sein. Eine Depression kennzeichnet sich durch

  • Freudlosigkeit oder “Anhedonie” (Unfähigkeit, Freude zu empfinden)
  • Interessenverlust 
  • Niedergeschlagenheit und depressive/ gedrückte Stimmung
  • verminderte Konzentrationsfähigkeit
  • Appetit-, Gewichts- und Libidoverlust

Lebensfreude ist zwar trainierbar und auch provozierbar, allerdings benötigen Menschen mit Depressionen professionelle Hilfe, weil ein einfacher Satz wie “Jetzt reiß dich zusammen und wir unternehmen etwas Schönes” leider gar keinen oder sogar den gegenteiligen Effekt hat. Depressionen werden in einer Psychotherapie mit Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie behandelt. Selfapy bietet einige dieser Methoden in einem Online- Kurs per App an. Du kannst dir ein Rezept von deiner*deinem Ärztin*Arzt für diesen Kurs geben lassen und diesen dann kostenfrei beginnen. Hier kannst du mehr über Depressionen und das Angebot von Selfapy nachlesen.

Keine Lebensfreude mehr nach Trennung: Wie geht es weiter? 

Keine Lebensfreude mehr nach Trennung bzw. dem Ende einer Liebes- oder Freundschaftsbeziehung zu haben, ist erstmal nicht unüblich. Alle Menschen machen gewöhnlich einmal im Leben die schmerzliche Erfahrung von Liebeskummer und Trennungsschmerz. Jede:r geht mit der Trennung allerdings anders um. Um sich die Lebensfreude nachhaltig wiederzuholen, ist es allerdings wichtig, konstruktiv mit einer Trennung umzugehen. Ein weniger gutes Beispiel wäre dieses:

  • Bindung von Emotionen: Menschen, die versuchen mit einer emotionalen Bindung über eine Trennung hinweg zu kommen, haben es oft schwerer, weil sie sich nicht mit dem aggressiven (= trennenden, zerrüttenden) Potenzial vom Ende einer Beziehung identifizieren. Sie bauen sozusagen keine Wut oder Ärger in sich auf, um die aufkommenden Gefühle abzuspalten, sondern versuchen sie zu binden. Bekanntermaßen geht das zum Beispiel so: “Je öfter ich mir die letzte Nachricht durchlese, umso leichter wird es vielleicht.” oder “Wir haben uns einfach nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort gefunden und ein anderes Mal klappt es bestimmt.” Diese Personen kehren ihre Wut oder ihre Trauer nach innen und sind zwar stark betrübt und empfinden keine Lebensfreude, allerdings bindet sie dieses Gefühl nur weiterhin an den:die verlorene Partner:in. 

Was hilft kurzfristig für mehr Lebensfreude?

Ein Forscherteam fand heraus, dass, wer sich kurzfristig besser fühlen möchte nach einer Trennung, am effektivsten auf die Ablenkung setzt. In der Studie wurden den Proband*innen drei Strategien angeboten, um über eine Trennung hinweg zu kommen und mehr Lebensfreude zu entwickeln. Die Strategien waren

  • Ablenkung
  • Annehmen der Situation
  • Negative Bewertung des*der Ex- Partners*Parterin.

Es stellte sich heraus, dass Ablenkung kurzfristig die größten Erfolge erzielte und es den Personen tatsächlich besser ging. Wenn man keine Lebensfreude mehr hat, ist Ablenkung also die beste Medizin. Nicht besonders zuträglich für die eigene Lebensfreude war übrigens das Abwerten des*der Ex-Partners*Partnerin, weil das zwar weniger Verliebtheitsgefühle auslöste aber auch schlechte Stimmung heraufbeschwor. Die Situation anzunehmen war auf kurze Sicht wenig gewinnbringend. Allerdings funktioniert diese Strategie vermutlich auch besser für langfristige Ziele. 

10 Tipps für mehr Lebensfreude

Um mehr Lebensfreude zu empfinden, geben verschiedene Websites diverse Tipps heraus. Diese sind laut Selfapy die 10 besten Tipps für mehr Lebensfreude:

  1. Natur erleben: Fahre raus aus der Stadt, falls du in einer wohnst oder plane einen ausgiebigen Parkspaziergang ein. Mit der Natur im Einklang zu sein, hat auch schon viele Künstler:innen wie zum Beispiel Claude Monet inspiriert.
  2. Sport treiben: Egal ob du ein:e erfahrene:r Sportler:in bist oder nicht- regelmäßige Bewegung beugt erwiesenermaßen körperlichen und psychischen Erkrankungen vor und steigert das Wohlbefinden (und die Lebensfreude!). Schon der kleine Spaziergang, eine kurze aber anstrengende Fahrradtour oder das Schwimmen im See kann ein Anfang sein.
  3. Kreativ werden: Du musst kein:e Künstler:in sein, um kreativ zu werden. Auch ein Buch zu lesen, Musik zu hören (zum Beispiel auf einem Konzert) oder das Dekorieren des Balkons/ der Wohnung und das Kochen eines neuen Gerichts ist mit Kreativität verbunden. 
  4. Essen (gehen) genießen: Egal ob allein oder zu zweit: ein Ausflug, der mit (kulinarischem) Genuss verbunden ist, sorgt bei vielen Menschen für mehr Lebensfreude. Wer nicht ins Restaurant möchte oder kann, für den bietet sich die spaßige Alternative, zuhause am eigenen Herd ein neues und komplexes Gericht zu kochen.
  5. Entspannung: Sie kann erheblich zur Verbesserung deiner Lebensfreude führen, wenn du dir kleine Pausen im Alltag gönnst, in denen du kurz inne hältst und einfach mal “nichts tust”. 
  6. Deinem Hobby nachgehen: Wenn du eines hast, kann das Verfolgen eines Hobbys natürlich ganz bekanntermaßen zu mehr Lebensfreude im Alltag führen. Wir fühlen uns dadurch ausgeglichener und stecken unsere Köpfe in interessante Dinge.
  7. Kleine Rituale etablieren: Studien und Psycholog*innen sind sich einig, dass Rituale im Alltag zu mehr Lebensfreude führen können. Dazu zählen positive Dinge, die jeden Tag passieren oder fester Bestandteil einer “normalen” Arbeitswoche sind. Die Lebensfreude kann man zum Beispiel erhöhen, indem man Rituale wie das gemeinsame Abendessen mit der Familie/ den Kindern/ dem*der Partner*in einmal pro Woche in ein Restaurant verlegt oder sich am Wochenende mit den Großeltern trifft. Die Rituale sind in der Gestaltung einem selbst überlassen- Hauptsache sie bringen Freude.
  8. Achtsamkeit trainieren: Achtsamkeit in Situationen oder Momenten von Stress zu entwickeln ist besonders schwer, allerdings lohnt es sich. Je achtsamer und bewusster man durch sein Leben geht, desto leichter fällt es einem irgendwann, Entscheidungen zu treffen, die mehr Lebensfreude produzieren. 
  9. Unternehmungen/ Urlaub planen: Das einfachste Rezept für mehr Lebensfreude sind schöne Erlebnisse oder sogar ein Urlaub. Egal ob allein oder zu zweit: Das Wochenende für einen Ausflug zu nutzen bringt schöne Erinnerungen und wird einen mindestens für den Anfang der kommenden Arbeitswoche in diesen schwelgen lassen. 
  10. Ein Fest feiern: Der Geburtstag, die Verlobung, eine Hochzeit oder auch ein gemeinsames Abendessen mit (alten) Freunden- alles kann ein Fest werden, wenn man es dazu macht. Die wärmste Empfehlung für mehr Lebensfreude ist deshalb eine Party.

Lebensfreude: Was macht mich glücklich?

Lebensfreude ist ein Gefühl, was jede Person kennt, allerdings ist es sehr unterschiedlich, was den:die Einzelne:n glücklich macht. Lebensfreude hängt eng mit Zufriedenheit zusammen. Laut einer Befragungsstudie aus dem Jahr 2000 zählen

  • liebevolle Eltern
  • Freunde
  • Selbstbewusstsein
  • berufliche und private Freiheit
  • Optimismus und 
  • Bescheidenheit 

zu den am meisten genannten Voraussetzungen für eine hohe Lebenszufriedenheit. Um nun selbst mehr Lebensfreude zu erlangen, können die eigenen Antworten auf folgende Fragen ein erster Ansatzpunkt sein:

  • Welchen Teil eines normalen Tages (z.B. Arbeitstag) finde ich am schönsten und warum?
  • Was tue ich am liebsten in meiner Freizeit (und warum)?
  • Was schätze ich am meisten an meine:n Freund:innen?
  • Wenn ich Urlaub mache, ist es mir wichtig, dass … (weil …)?

Je genauer man Antworten auf diese Fragen findet, umso leichter kann es fallen für sich selbst herauszufinden, was einem Lebensfreude beschert (und dieses Gefühl häufiger zu empfinden). Wichtig ist auch, dass man sich bewusst macht, dass es viele Dinge gibt, die eine große Anzahl von Menschen Lebensfreude empfinden lässt aber auch eine fast ebenso große Anzahl von Menschen nicht dasselbe unter Glück und Lebensfreude verstehen. Für manche Personen bedeutet ein schöner Urlaub Lebensfreude, für andere beginnt Lebensfreude mit der ersten Tasse Kaffee am Morgen. 

Ist Lebensfreude eine Entscheidung?

Ja, Lebensfreude ist in gewisser Art eine Entscheidung. Lebensfreude zu empfinden hängt zwar einerseits mit schönen Erlebnissen und einem allgemein guten und glücklichen Gemütszustand zusammen. Aber andererseits kann man selbst auch zur Lebensfreude beitragen. Die Art, wie wir Dinge, Erlebnisse und Personen für uns deuten, beeinflusst unser Denken darüber. Ein Beispiel: Wenn die Bahn zu spät kommt, mit der ich zur Arbeit fahren muss, gibt es zwei Möglichkeiten, das aufzunehmen:

  1. Glück im Unglück: Vielleicht komme ich ein bisschen zu spät aber dafür kann ich nichts und nun habe ich noch ein paar Minuten länger, um meinen Kaffee zu genießen.
  2. Das ist ja mal wieder typisch! Die Bahn kommt natürlich immer genau dann zu spät, wenn ich sie brauche. Ich habe wirklich nur Pech.

Man kann üben, sich selbst bei seinen Gedanken zu ertappen und diese dann gegebenenfalls umzuformulieren. Mit dieser Entscheidung ist der erste Schritt zu mehr Lebensfreude getan.

Keine Lebensfreude mehr: Glück vs. Unglück

Viele Forscher:innen beschäftigen sich damit, warum wir glücklich sind aber weitaus mehr untersuchen die Gründe für Unglück und Probleme im Leben. Nicht zuletzt führen diese Faktoren bekanntermaßen häufiger zu psychischen und körperlichen Erkrankungen. Faktoren, die das Glück begünstigen und laut Studien zu höherer Lebensfreude führen können sind 

  • positive Lebensereignisse 
  • hohe Qualität sozialer Kontakte 
  • höheres Einkommen 
  • sowie ein allgemein höherer Lebensstandard

Wenn jemand keine Lebensfreude mehr empfindet oder die Lebenszufriedenheit sinkt, hängt das laut einigen Wissenschaftler:innen mit 

  • negativen Lebensereignissen oder
  • körperliche Erkrankungen zusammen.  

Es konnte zudem herausgefunden werden, dass Alter, Geschlecht, Bildungs- und Familienstand ebenfalls einen Einfluss auf die Lebensfreude bzw. Zufriedenheit ausüben, wenn dieser auch eher gering ist. 

Mehr Lebensfreude durch Sensation Seeking?

In einer Studie mit Student:innen wurde bereits 1978 herausgefunden, dass Personen, die hohe Werte im Bereich des “sensation seeking” (deutsch: sensationsuchend) aufwiesen auch freudige Erlebnisse (Lebensfreude produzierend) durchschnittlich als intensiver erlebt hatten als die “low sensation seeker”. 

  • Was ist Sensation Seeking?

In der Psychologie steht sensation seeking für ein relativ stabiles Persönlichkeitsmerkmal mit genetischer Anlage. Man versteht darunter das Suchen (und Benötigen) von neuen, unbekannten Anreizen aus der Umwelt. Zuckerman entwickelte das Konzept im Jahr 1974. Es beruht unter anderem auf der Trieblehre Sigmund Freuds.

  • Lebensfreude durch Sensation Seeking?

Personen, die zur Gruppe der “high sensation seeker” gezählt werden, kennzeichnen sich dadurch aus, dass sie eine relativ starke äußere Stimulation brauchen, um sich begeistert, lebensfroh und angeregt zu fühlen. Diese Personen würden Lebensfreude also zum Beispiel beim Erleben von neuen, aufregenden Abenteuern und intensiven Gefühlen verspüren.

Die “low sensation seeker” hingegen benötigen nicht so viel äußeren Anreiz und fühlen sich schon mit geringer bis mäßiger Aufregung wohl. Ein Bungee Jump würde sie überstrapazieren, wohingegen das Lesen eines Buchs deutlich mehr Lebensfreude und Wohlbefinden auslösen könnte. 

Lebensfreude und Persönlichkeit: Gibt es einen Zusammenhang?

Ja, es gibt einen Zusammenhang zwischen Lebensfreude und Persönlichkeit! Einige Persönlichkeitseigenschaften, die man in der Psychologie unter dem “Big-5 Modell” zusammenfasst, zeigen Parallelen mit Lebensfreude. Die fünf Faktoren des Big-5 Modells sind 

  • Neurotizismus
  • Extraversion
  • Offenheit (für neue Erfahrungen)
  • Gewissenhaftigkeit
  • Verträglichkeit

Neurotizismus, was ungefähr durch die Konzepte emotionale Stabilität und Verletzlichkeit erklärt werden kann, hängt negativ mit Lebenszufriedenheit/ Lebensfreude zusammen. Das bedeutet, je mehr neurotizistisch eine Person ist, desto weniger Lebensfreude empfindet sie in der Regel. Genau andersherum ist es mit den Faktoren “Extraversion” und auch Wohlbefinden sowie Gewissenhaftigkeit: sie hängen positiv mit Lebensfreude zusammen. Auch empfinden optimistische Menschen eher Lebensfreude als solche Personen, die zu Sorgen und Grübeln neigen. 

Lebensfreude: Was gehört zur Essenz des Glücks?

Lebensfreude wurde in einer weiteren Studie an älteren Personen, den Bewohner:innen von Pflegeheimen in Norwegen untersucht. Die Frage war: Was bedeutet Lebensfreude? bzw. Was macht Lebensfreude im Kern aus? In den Ergebnissen wurde deutlich, dass 

  • positive Beziehungen
  • Zugehörigkeitsgefühl
  • Quellen des Sinns (Lebenssinn)/ Sinnhaftigkeit
  • Momente des Wohlbefindens und
  • Akzeptanz 

das Konzept “Lebensfreude” herausbilden. Für die Studienautor:innen erschloss sich daraus, dass die Dimensionen der Lebensfreunde eng mit denen von Wohlbefinden und “Flourishing” (deutsch: Aufblühen) zusammenhängen. “Flourishing” ist ein psychologisches Konzept, das von Barbara Fredrickson entwickelt wurde, welches am besten durch

  • optimale Lebensführung
  • Resilienz und 
  • u.a. persönliches Wachstum (= aufblühen) 

beschreibbar ist. 

Flow: Das Geheimnis der Lebensfreude

Während viele Menschen Glück als etwas Zufälliges betrachten, das ihnen durch unvorhersehbare Weise gewogen sein kann (oder nicht), ist Lebensfreude eine beeinflussbare Größe. Führende Psycholog:innen, die sich mit Lebensfreude und Glück beschäftigt haben, sind Michael Argyle, Martin Seligman und Mihály Csíkszentmihályi. Letzterer prägte mit seiner Forschung den Begriff des “Flow”- Erlebens maßgeblich, den wir heute ebenfalls mit Lebensfreude verbinden, wenn wir “im flow” sind. Sein TED- Talk zum Thema hat mittlerweile fast sieben Millionen Klicks (Stand 2022).


Ein Artikel von

Hanna Eggebrecht Redakteurin · B.Sc. Psychologie | M.Sc. Psychotherapie

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Quellenangaben

  1. Briefe an Menoikeus. zitiert in Nickel 2005, S. 119f.
  2. Enste, Dominik; Ewers, Mara (2014) : Lebenszufriedenheit in Deutschland: Entwicklung und Einflussfaktoren, IW-Trends - Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung, ISSN 1864-810X, Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Köln, Vol. 41, Iss. 2, pp. 43-58, https://doi.org/10.2373/1864-810X.14-02-04 
  3. Hahn, E. (2013). Persönlichkeit und Wohlbefinden: das Zusammenspiel von Anlage und Umwelt in einem erweiterten verhaltensgenetischen Design. Dissertation https://dx.doi.org/10.22028/D291-23359 Heinrich Dörrie: Überlegungen zum Wesen antiker Frömmigkeit, in: Pietas. Festschrift für B. Kötting, Münster 1980, S. 13.
  4. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/sensation-seeking 
  5. https://lexikon.stangl.eu/1198/sensation-seeking 
  6. https://lexikon.stangl.eu/2970/flourishing
  7. https://www.cgu.edu/people/mihaly-csikszentmihalyi/ 
  8. https://www.ted.com/talks/mihaly_csikszentmihalyi_flow_the_secret_to_happiness?language=en&subtitle=de 
  9. Neyer, F.J. (2003). Persönlichkeit und Partnerschaft. In: Grau, I., Bierhoff, HW. (eds) Sozialpsychologie der Partnerschaft. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-55590-9_7
  10. Psychologie Heute Compact 59: Negative Gefühle. S. 54. ISBN 978-3-407-47259-5
  11. Scand J Caring Sci; 2018; 32; 1468– 1476 Joy of life in nursing homes: A qualitative study of what constitutes the essence of Joy of life in elderly individuals living in Norwegian nursing homesTolor, A. (1978), Personality correlates of the joy of life. J. Clin. Psychol., 34: 671-676. https://doi.org/10.1002/1097-4679(197807)34:3<671::AID-JCLP2270340319>3.0.CO;2-L
  12. WIdO-monitor 2021; 18 (2): 1–12 (https://www.wido.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/Publikationen_Produkte/WIdOmonitor/wido_monitor_2_2021_gesundheitsverhalten_pandemie.pdf)

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