Zurück 14 Jun 2023 · 7 min lesezeit
von Felicitas Eva Lindner
Emotionales Essen c by Viktor Szabo

Eigentlich hast du gar keinen Hunger, aber die Chips machen den stressigen Arbeitstag gleich weniger stressig, die Schokolade macht den Liebeskummer kurz etwas weniger schlimm? Was steckt hinter emotionalem Essen und wie kann man einen guten Umgang damit finden?

Was ist emotionales Essen?

Was genau steckt eigentlich hinter emotionalem Essen? Emotionales Essen ist keine psychologisch anerkannte Erkrankung. Oftmals wird auch der umgangssprachliche Begriff “Frustessen” für emotionales Essen verwendet. Das kommt daher, dass dabei unangenehme Emotionen durch Essen kompensiert werden. Häufig durch ungesunde, sehr kalorienhaltige, süße oder fetthaltige Snacks, die dabei helfen sollen, die Stimmung zu heben. 

Das Essen hat in der Regel zunächst nichts mit Hunger zu tun. Häufige Auslöser können zum Beispiel Emotionen wie Ärger, Einsamkeit oder Trauer sein. Emotionales Essen ist sehr weit verbreitet und viele Menschen zeigen dieses Verhalten zur Kompensation unangenehmer Emotionen. Bei vielen Menschen zeigt sich das Verhalten jedoch eher hin und wieder und in eher unregelmäßigen Abständen. Damit eine pathologische Störung in Form einer Essstörung (z.B. einer Binge-Eating-Störung) vorliegt, muss das Verhalten aber regelmäßig, beispielsweise an mindestens zwei Tagen in einer Woche und über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten vorliegen. Es treten Essanfälle auf, die durch eine übermäßige Menge von Nahrungsaufnahme gekennzeichnet sind, die oft durch gewichtsregulierende Maßnahmen wie Erbrechen oder exzessives Treiben von Sport gekennzeichnet sind. 

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Emotionales Essen: Symptome

Anders als bei physischem Hunger äußert sich emotionales Essen nicht durch Magenknurren oder Energiemangel. Die folgenden Symptome können darauf hindeuten, dass Essen zur Kompensation von unangenehmen Emotionen dienen soll:

  • Nahrungsaufnahme entsteht nicht durch Hunger, sondern aufgrund einer als unangenehm wahrgenommenen Emotion.
  • Die Nährstoffwerte der zugeführten Nahrung rücken in den Hintergrund. Speisen, die zum Wohlgefühl beitragen, rücken in den Vordergrund. So zum Beispiel sehr zucker- oder fettreiche Nahrungsmittel (“Soul Food”).
  • Die Nahrungsaufnahme lindert kurzfristig unangenehme Emotionen.
  • Nach der Nahrungsaufnahme folgen oft Schuldgefühle und Selbstvorwürfe.

Psychotherapeutische Unterstützung ist dann ratsam, wenn…

  • …Nahrung der betroffenen Person regelmäßig als Trost dient.
  • …die betroffene Person selbst unter ihrem Verhalten leidet und in diesem Zusammenhang ein Gefühl von Kontrollverlust verspürt.
  • …die betroffene Person das Gefühl hat, unangenehme Emotionen nur durch Essen bewältigen zu können.
  • …die betroffene Person das Gefühl hat, ihr Verhalten nicht selbstständig steuern und verändern zu können.

Exkurs: Intuitives Essen

Als Gegenstück zum emotionalen Essen wird oft das intuitive Essen genannt. Beim Konzept des intuitiven Essens geht es darum, den eigenen Bedürfnissen nachzugehen und den eigenen Körper besser kennenzulernen. Das bedeutet, wer Hunger empfindet, sollte essen. Ist man aber satt, ist auch ein Snack zwischendurch nicht notwendig. So soll gelernt werden, körperliche Signale wie Hunger von emotionalen abzugrenzen.

Essen als Stimmungsaufheller - geht das?

Kurzfristig kann Essen tatsächlich dazu beitragen, die Stimmung zu heben. Der Grund dafür liegt in unserem Hormonhaushalt. Unangenehme Gefühlszustände lösen Stress aus. Wenn wir Stress empfinden, sind sowohl unser Noradrenalin- als auch unser Serotoninspiegel eher gering. Das sorgt dafür, dass sich unsere Stimmungslage verschlechtert. Das Stresshormon Cortisol hingegen steigt und der Körper verlangt nach Energie, die er durch das Zuführen von Nahrung bekommt. Diese Energie ist unter anderem wichtig für die Aufrechterhaltung der körperlichen Grundfunktionen, die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur oder auch für körperliche Aktivität. Durch zucker- oder fetthaltige Nahrung auch besonders schnell. Je fett- oder zuckerhaltiger, desto schneller sinkt das Energielevel jedoch auch wieder ab.

Folgen von emotionalem Essen

Zunächst einmal ist emotionales Essen unproblematisch. Zum Problem wird es erst dann, wenn es über einen (wie oben definiert) längeren Zeitraum stattfindet und dazu dient, unangenehme Emotionen zu reduzieren oder zu vermeiden. Die Emotionen werden dann aber nur kurzfristig vermieden. Nach dem Essen kommen sie zurück und werden unter Umständen begleitet von weiteren intensiven unangenehmen Emotionen (z.B. Schuld und Scham): So zum Beispiel, wenn Betroffene, also emotionale Esser*innen, nicht zufrieden mit ihrem Essverhalten sind, wenn stark an Gewicht zugenommen wird und Betroffene das als unangenehm empfinden oder wenn gesundheitliche Folgen durch eventuelle Gewichtszunahme entstehen. Zudem besteht bei emotionalem Essen eher die Gefahr, dass eine Essstörung wie die Binge-Eating-Störung oder Bulimie entsteht. 

Aber emotionales Essen kann nicht nur psychische, sondern auch körperliche Folgen haben. Wird langfristig zu sehr kalorienreichen, fett- oder zuckerhaltigen Lebensmitteln gegriffen, kann sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für andere Gesundheitsrisiken erhöhen.

 Tipps, um emotionales Essen zu stoppen

Da davon ausgegangen wird, dass emotionales Essen erlernt ist, wird ebenso davon ausgegangen, dass es möglich ist, sich emotionales Essen abzugewöhnen. Folgende Tipps und Übungen bei emotionalem Essen können dir dabei helfen: 

Ursachen erkennen, Alternative finden

Wie bereits erwähnt, haben Menschen, die essen, um unangenehme Emotionen zu vermeiden, dieses Verhalten irgendwann zur Bewältigung dieser Emotionen erlernt. Man kann dieses Verhalten aber auch wieder umlernen und alternative Bewältigungsstrategien anwenden. Wie diese aussehen, kann von Person zu Person ganz unterschiedlich sein und ist auch abhängig davon, was das emotionale Essen ausgelöst hat. Soll das Essen beispielsweise Einsamkeit in den Hintergrund rücken lassen, dann ist es eher sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, wie man neue Menschen kennenlernen kann. Eine Möglichkeit ist hier zum Beispiel, sich Hobbies zu suchen, die andere Menschen involvieren. Isst eine Person hingegen aufgrund von Stress, so ist es wichtig, den Stress zu minimieren und Möglichkeiten zum Ausgleich und zur Entspannung zu finden. In diesem Zusammenhang können zum Beispiel Meditation oder Entspannungsübungen hilfreich sein. 

Achtsamkeit

Für viele Menschen ist Essen ein sehr automatisierter Vorgang, dem im Alltag wenig Beachtung geschenkt wird. Um den Prozess des Essens bewusster zu gestalten, also sich klarer darüber zu werden, warum man isst, was man isst oder wie man isst, kann ein Achtsamkeitstraining hilfreich sein. So kann ein Achtsamkeitstraining zum Beispiel auch dabei helfen zu verstehen, ob man wirklich hungrig ist und deshalb isst, oder ob man eher aus einem Gefühl heraus zu Nahrung greift. 

Das greifen auch die Selfapy-Kurse bei Essstörungen wie der Binge-Eating-Störung oder Bulimie auf. Die Übungen aus den kostenfreien Online-Kursen können dir dabei helfen, einen besseren Umgang mit deiner Essstörung zu finden, falls du unter einer der genannten Erkrankungen leidest. Du erlernst beispielsweise Strategien zur Emotions- und Stressregulation und beschäftigst dich mit dem Thema der Achtsamkeit

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Lebensmittel austauschen

Oft fühlen sich Betroffene von emotionalem Essen nach dem Essen schuldig, insbesondere dann, wenn sie zu sehr kalorien-, fett- oder zuckerreichen Nahrungsmitteln gegriffen haben. Eine Möglichkeit, diese Schuldgefühle und somit unangenehme Emotionen zu reduzieren, bietet das Austauschen der ungesunden Lebensmittel in gesündere. Isst man beispielsweise einen Apfel statt einer Tüte Chips, ändert das zwar das emotionale Essen nicht, es ermöglicht aber einen Teufelskreis aufzubrechen.  Wenn ungesunde Lebensmittel gegessen werden, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit von Schuld- und Schamgefühlen nach dem Essen. Diesen unangenehmen Gefühlszuständen wird dann wieder mit emotionalem Essen begegnet und der Teufelskreis schließt sich. Das Essen gesunder Lebensmittel reduziert Schuld- und Schamerleben und bereitet damit nicht den Boden für erneutes emotionales Essen bis hin zum Binge-Eating.

Psychotherapie bei emotionalem Essen

Wenn du das Gefühl hast, deine unangenehmen Emotionen alleine nicht mehr bewältigen zu können, dann kann eine Psychotherapie eine gute Möglichkeit für dich sein. Ein*e Psychotherapeut*in kann dich zum Beispiel in Form von Gesprächen begleiten und dir Übungen und Tools an die Hand geben, um dein Verhalten besser zu verstehen und zu verändern sowie um eine bessere Impulskontrolle zu erlernen. 

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Ein Artikel von

Felicitas Eva Lindner Redakteurin · Journalismus M.A. | Psychologie B.Sc. | Psychologie M.Sc.

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Quellenangaben

  1. Adriaanse, M. A., de Ridder, D. T., & Evers, C. (2011). Emotional eating: eating when emotional or emotional about eating?. Psychology and Health, 26(1), 23-39.
  2. aok.de (o.J.). Emotionales Essen. Online verfügbar unter https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/psychologie/emotionales-essen-das-essen-aus-gefuehlen-heraus/ [14.06.23].
  3. Fiechtl, C. (2022). Food Feelings: Wie Emotionen bestimmen, was wir essen. Verlag Kremayr & Scheriau.
  4. ikk-classic.de (o.J.). Emotionales Essen: Diese Strategien können helfen. Online verfügbar unter https://www.ikk-classic.de/gesund-machen/essen-trinken/emotionales-essen [14.06.23].

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