Depressionen sind eine ernsthafte Erkrankung. Trotzdem fällt es vielen Menschen schwer, darüber zu sprechen, was in ihrem Inneren vor sich geht. Das ist aber wichtig, damit du Hilfe bekommst! Wir verraten dir, wie du Depressionen beim Arzt oder bei der Ärztin ansprechen kannst.
Vor einigen Jahren war es für Menschen mit Depressionen noch deutlich schwieriger als jetzt, schnell Unterstützung zu bekommen. Selbst Hausärzt*innen haben den Ernst der Lage nicht immer sofort erkannt. In dieser Hinsicht hat sich inzwischen viel getan.
Mediziner*innen sind für das Thema sensibilisiert und versuchen aktiv herauszufinden, ob beispielsweise hinter hartnäckigen körperlichen Symptomen auch eine Depression stecken könnte.
Das macht es Betroffenen deutlich leichter. Der erste Schritt ist trotzdem der schwerste. Wir helfen dir bei der Frage: Wie spreche ich Depressionen beim Arzt bzw. einer Ärztin an?
Inhaltsverzeichnis
Verdacht auf Depressionen: Wie erkenne ich sie?
Depressionen entwickeln sich in der Regel schleichend. Du wachst also normalerweise nicht morgens auf mit dem Gedanken: „Ich bin krank geworden und brauche einen Termin beim Hausarzt.“ In der Regel geht es dir schon über einen längeren Zeitraum schlecht oder zumindest nicht gut.
Vielleicht leidest du an Schlaflosigkeit, hast zu nichts mehr wirklich Lust und bist ständig schlecht gelaunt. Es könnte auch sein, dass du körperliche Beschwerden hast, wie zum Beispiel Kopfschmerzen oder Verdauungsprobleme. Depressionen können sich auf sehr unterschiedliche Weise äußern. Die wichtigsten Symptome haben wir hier für dich zusammengestellt.
Hinzu kommt: Die Anzeichen sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Während es einigen Betroffenen so schlecht geht, dass Freunde und Verwandte sie darauf ansprechen, glauben andere vielleicht, dass sie einfach nur etwas überarbeitet seien und Urlaub bräuchten.
Bei einer Dysthymie treten schwache Beschwerden über sehr lange Zeit auf, sodass die Krankheit oft unbemerkt bleibt. Für dich heißt das: Sobald du das Gefühl hast, dass irgendetwas nicht stimmt, solltest du einen Arzt bzw. eine Ärztin aufsuchen. Warte nicht unnötig lange, ob sich die Symptome wieder bessern. Besprich mit Fachleuten, was hinter deinen Problemen stecken könnte. Ein besonders großes Warnsignal ist es, wenn Angehörige dir empfehlen, einen Arzttermin zu machen. Oft nehmen Menschen von außen Veränderungen besser wahr.
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Auf keinen Fall solltest du deine Beschwerden klein reden, weil du denkst: „Wie spreche ich Depressionen beim Arzt an oder bei einer Ärztin?“ Nur wenn du über deinen Schatten springst und anfängst, offen über die Symptome zu reden, wird es dir bald wieder besser gehen.
Zu welchem Arzt soll ich mit Depressionen gehen?
Vielleicht hast du dich schon informiert und fragst dich, welche Behandler für dich überhaupt die richtigen wären, zum Beispiel Psychotherapeut*in, Psychiater*in, Psycholog*in? Damit solltest du dich jetzt gar nicht beschäftigen. Lass Expert*innen beurteilen, wer für dich eine gute Anlaufstelle wäre. Am besten wäre es daher, wenn du zunächst einen Termin bei einem Hausarzt bzw. einer Hausärztin vereinbarst. Internist*innen nehmen eine erste Einschätzung vor und stellen dir eine Überweisung zu Fachärzt*innen aus.
Du hast keinen Hausarzt bzw. Hausärztin oder fühlst dich in der Praxis nicht gut genug aufgehoben, um dort das Thema Depressionen anzusprechen?
Dann überleg bitte, zu welchem Arzt oder welcher Ärztin du am ehesten Vertrauen hättest. Als Frau könntest du beispielsweise auch deinem Gynäkologen bzw. Gynäkologin von deinen Beschwerden erzählen. Da Depressionen auch in Zusammenhang mit Hormonumstellungen auftreten, haben diese bei der Diagnose viel Erfahrung.
Falls diese Möglichkeit nicht besteht, lass dich von deinem Gefühl leiten: Wer ist dir sympathisch? Selbst bei Orthopäd*innen oder Zahnärzt*innen kannst du äußern, dass es dir nicht gut geht. Sie werden dir zuhören und überlegen, welche Kolleg*innen sie dir für alles Weitere empfehlen können. Wichtig ist, dass du den ersten Schritt machst.
Übrigens kannst du dich auch direkt an Psychotherapeut*innen wenden. Über die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung bekommst du schnell einen Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde.
Du gehst eigentlich nie oder selten zum Arzt bzw. Ärztin und möchtest dir nicht wahllos einen Namen heraussuchen? Dann melde dich bei der Krankenkasse und bitte die Mitarbeiter*innen um eine Empfehlung in deiner Nähe.
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Was sage ich bei der Terminvereinbarung?
Die erste Hürde ist genommen. Du hast dich dazu entschieden, dir Unterstützung zu holen und einen Termin beim Arzt bzw. Ärztin zu vereinbaren. Aber was sagst du der Sprechstundenhilfe, wenn du nach den Gründen für den Termin gefragt wirst? Sicherlich möchtest du einer fremden Person nicht dein Herz ausschütten, wenn es dir doch ohnehin schwerfällt, über deinen Verdacht zu sprechen.
Es gibt eine einfache Lösung: Stell die Symptome in den Vordergrund. Berichte von Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder anderen Beschwerden, unter denen du leidest. Gib wahrheitsgemäß an, dass du schon längere Zeit mit diesen Problemen kämpfst und nun mit einem Arzt bzw. einer Ärztin darüber sprechen möchtest. Für die Mitarbeiter*innen ist das gleichzeitig ein Hinweis darauf, im Kalender für deinen Besuch vielleicht etwas mehr Zeit einzuplanen.
Den Arztbesuch vorbereiten
Bevor du zur Praxis gehst, solltest du dir überlegen, ob du jemanden bitten willst, dich zu begleiten. Da du über deine psychische Verfassung sprechen wirst, wühlt dich das vielleicht sehr auf, und du bekommst nicht alles mit, was dir gesagt wird. Dann kann eine Begleitperson sehr hilfreich sein. Außerdem ist es für dich eine Unterstützung, wenn du von Anfang an merkst, dass du mit den Depressionen nicht allein bist. Du hast Angehörige, die für dich da sind!
- Aktuelle Symptome und Vorerkrankungen notieren: Wenn du dich fragst, „Wie spreche ich Depressionen beim Arzt an oder bei einer Ärztin“, dann ist schon klar, dass du aufgeregt sein wirst. Sinnvoll ist es daher, wenn du dir im Vorfeld Notizen machst. Beginn damit, alle Beschwerden aufzuschreiben, unter denen du aktuell leidest. Ganz wichtig: Notiere bitte auch körperliche Probleme, die deiner Ansicht nach nichts mit Depressionen zu tun haben. Denn zum einen möchte dein Gegenüber deine Gesamtverfassung einschätzen, und zum anderen irrst du dich womöglich. Es kommt häufig vor, dass Menschen mit Depressionen beispielsweise so angespannt sind, dass sie über Rückenschmerzen klagen. Auch viele andere Erkrankungen wie Verdauungsprobleme oder Herzrasen können psychische Ursachen haben. Daraus kann ein Teufelskreis entstehen, weil die physischen Beschwerden dich zusätzlich einschränken oder belasten, was wiederum die Depression verstärkt. Es ist wichtig, dass du diese Probleme in einem ruhigen Moment zu Hause aufschreibst – damit du nichts vergisst, wenn du mit dem Arzt bzw. der Ärztin über deine Depressionen sprichst.
- Verlauf der Beschwerden nachvollziehen: Im nächsten Schritt schreibst du auf, wie sich die Symptome in den vergangenen Monaten entwickelt haben. Alles, was dir einfällt: Welche Anzeichen waren zuerst da? Welche Beschwerden haben sich inzwischen wieder zurückgebildet? Welche sind neu hinzugekommen? Versuch, ein möglichst klares Bild davon zu zeichnen, wie es dir in den letzten Monaten ging.
- Eventuelle Vorbelastungen: Für das Gespräch mit dem Arzt bzw. der Ärztin über deine Depressionen solltest du auch klären, ob es eine erbliche Vorbelastung gibt – hatten nahe Verwandte ebenfalls Depressionen, etwa Eltern, Großeltern oder Geschwister? Falls du selbst bereits eine Vorgeschichte mit psychischen Erkrankungen hast, ist das ebenfalls wichtig – auch wenn es gegebenenfalls schon viele Jahre zurückliegen sollte.
- Weitere Erkrankungen: Zu guter Letzt solltest du aufschreiben, welche Medikamente du ggf. nimmst und ob du andere Krankheiten hast, von denen der Arzt bzw. die Ärztin nichts weiß. Auch freiverkäufliche Präparate, die du regelmäßig einnimmst, gehören auf die Liste. Das ist sehr wichtig, denn es gibt Wirkstoffe, die Depressionen verstärken können.
Wie deine Familie helfen kann
Der erste Termin: Wie sagen, dass ich Depression habe?
Jetzt ist es so weit: Du hast einen Termin vereinbart und dich gut vorbereitet. Wie sprichst du jetzt die Depressionen beim Arzt an oder bei der Ärztin? Für das gesamte Gespräch gibt es eine wichtige Grundregel: Bitte sei ehrlich. Das fällt dir vielleicht schwer. Sehr viele Menschen haben Schwierigkeiten damit, über ihre Gefühle oder Probleme zu reden. Das ist ganz normal. Aber wenn du jetzt bei deinem Arzt bzw. deiner Ärztin den Eindruck vermittelst, alles sei nur halb so wild, bekommst du nicht die Hilfe, die du brauchst. Das gilt auch, wenn du nur schwache Beschwerden hast, das aber schon über einen längeren Zeitraum. Depressionen sind eine Krankheit – sie kann sie aber nur mit deiner Hilfe richtig diagnostiziert werden.
Ein Tipp: Oft ist es leichter, wenn du mit den körperlichen Anzeichen beginnst, etwa mit Schlafstörungen oder dem Gefühl von Erschöpfung.
Ärzt*innen stellen Fragen, um Depressionen zu diagnostizieren
Sobald du den ersten Schritt gemacht hast und dein Arzt bzw. deine Ärztin den Verdacht auf Depressionen hat, wird er*sie dich weiter durch das Gespräch führen und dir viele Fragen stellen. Einige Beispiele haben wir hier für dich zusammengestellt, damit du weißt, was ungefähr auf dich zukommt, wenn du mit deinem Arzt bzw. deiner Ärztin über Depressionen sprichst:
- Warst du in den vergangenen zwei Wochen niedergeschlagen oder traurig?
- Hast du das Gefühl, dass du zu nichts mehr Lust hast? Auch Hobbys, an denen du früher Spaß hattest, machen dir keine Freude mehr?
- Hast du vielleicht sogar das Interesse an deiner Familie und deinen Freund*innen verloren?
- Fühlst du dich antriebslos und müde, als hättest du keine Energie mehr?
- Schläfst du mehr, als du es sonst getan hast? Oder hast du im Gegenteil Schlafstörungen, kannst nicht einschlafen oder wirst nachts wach und kommst nicht mehr zur Ruhe?
- Kannst du zu Hause und auf der Arbeit noch alle Aufgaben erfüllen oder fühlst du dich in letzter Zeit oft überfordert?
- Hast du Konzentrationsschwierigkeiten? Die könnten sich zum Beispiel auch darin äußern, dass es dir nicht gelingt, Gesprächen oder einem Film zu folgen.
- Ernährst du dich anders als vorher? Leidest du an Appetitlosigkeit oder isst womöglich plötzlich mehr? Vielleicht hast du regelrechten Heißhunger auf Süßes?
- Hast du zu- oder abgenommen, ohne dass es geplant war?
- Wie groß ist dein Selbstwertgefühl? Hast du das Gefühl, dass du ständig alles falsch machst und es deine Schuld ist? Hat sich dein Selbstbewusstsein in den vergangenen Wochen verändert?
- Wie blickst du auf die Zukunft? Hast du Pläne und glaubst, dass sich für dich alles gut entwickelt? Oder malst du die Zukunft eher schwarz und hast nicht die Hoffnung, dass du bald wieder zufrieden sein wirst?
- Geht es dir so schlecht, dass du manchmal denkst, dass es besser wäre, nicht mehr zu leben? Hast du schon konkret darüber nachgedacht, dir etwas anzutun?
Falls du tatsächlich Suizidgedanken haben solltest, ist es besonders wichtig, dass du mit deinem Arzt bzw. deiner Ärztin ehrlich darüber sprichst. Du brauchst schnell Unterstützung!
Fragen stellen und nachhaken beim Arztgespräch
Kurze Checkliste
- Geh unbedingt zum Arzt bzw. Ärztin, wenn es dir nicht gutgeht. Spätestens nach zwei Wochen, in denen du dich niedergeschlagen fühlst, solltest du dir Hilfe holen. Das gilt auch, wenn die Beschwerden nur schwach ausgeprägt sind oder du vor allem unter körperlichen Symptomen leidest, die du dir nicht erklären kannst.
- Die erste Anlaufstelle ist normalerweise die hausärztliche Praxis. Du kannst aber auch andere Mediziner*innen ansprechen, zu denen du Vertrauen hast, etwa Gynäkolog*innen oder Urolog*innen.
- Bereite den Termin vor, indem du deine Beschwerden und eventuelle Vorerkrankungen notierst.
- Sei ehrlich, wenn du mit dem Arzt bzw. der Ärztin über deine Beschwerden sprichst. Das gilt besonders, falls du Suizidgedanken haben solltest. Sprich darüber, das wird der Arzt bzw. die Ärztin wissen wollen!
- Wenn du Fragen hast oder Informationen zur Therapie nicht direkt verstehst, hak sofort nach.
Quellenangaben
- Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (2015). S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. www.awmf.org.https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-005l_S3_Unipolare_Depression_2017-05.pdf
- Heim, T. (2019, 1. Oktober). Depressive Verstimmungen. www.deximed.de.https://deximed.de/home/klinische-themen/psychische-stoerungen/symptome/depressive-verstimmung/
- Ebert-Rall, T. (2013, 12. März). So erkennen Hausärzte eine Depression. www.aerztezeitung.dehttps://www.aerztezeitung.de/Medizin/So-erkennen-Hausaerzte-eine-Depression-268109.html
- Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) (o. D.). Wie wird eine Depression festgestellt? www.patienten-information.de.https://www.patienten-information.de/patientenleitlinien/depression/kapitel-4
- Bertelsmann Stiftung (o. D.). Checkliste zur Unterstützung für das Gespräch mit dem Arzt oder Psychotherapeuten bei Depressionen. www.weisse-liste.de.https://www.weisse-liste.de/export/sites/weisseliste/de/.content/pdf/service/Depression_Checkliste_Arztbesuch.pdf
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (o. D.). Depression: Diagnose. www.gesundheit.gv.at.https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/depression/diagnose
- Deutsche Depressionshilfe (o. D.). Wer behandelt?https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/behandlung/wo-wird-behandelt