Hinweis: Selfapy ist bei akuter Suizidalität nicht die richtige Anlaufstelle. Wenn du dringend Hilfe benötigst, wende dich bitte umgehend an die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de) unter der Nummer: 0800 111 0111 oder den Notruf unter 112. Bei beiden Anlaufstellen erreichst du Berater:innen, die auf akute Sorgen – auch bei geplantem Suizid – spezialisiert sind.
Am 10. September ist der Welt-Suizid-Präventionstag, der seit 2003 jährlich von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen wird. Hierzulande kümmert sich die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) als Dachgesellschaft um alle Einrichtungen um Aufklärung, Forschung und Lehre. Suizid (Synonym: Selbstmord, Selbsttötung, Freitod) — so bezeichnet man den Akt der absichtlich herbeigeführten Selbsttötung. Eines bleibt jedoch immer gleich: Ein Menschenleben endet vorzeitig. Hätte sich dies verhindern lassen? Wurden Warnzeichen einfach nicht erkannt?
Was bedeutet Suizid?
Was ist Suizid? Suizid-Definition: Suizid ist das „vorsätzliche Beenden des eigenen Lebens durch aktives Zufügen einer tödlichen Selbstverletzung, Einnahme einer tödlichen Substanz, o.Ä.“. Aus juristischer Sicht ist die Definition für Suizid bürokratischer: „Suizid ist eine autoagressive (suizidale) Handlung mit tödlichem (letalem) Ende.“
Definitionen können nicht in Worte fassen, was es eigentlich bedeutet: Sich selbst töten, selbst umbringen – dahinter steckt oft großes Leid, viele Betroffene haben schwere psychische Krankheiten oder Traumata. Auch die Suizidversuch-Definition („die suizidale Handlung ist nicht tödlich“) kann nicht endgültig erfassen, welche komplexe Problematik hinter einem Suizidversuch steckt.
Suizid weltweit und in Deutschland: Erschreckende Statistiken
Weltweit sterben jedes Jahr fast eine Million Menschen an einem Suizid. Wie hoch ist hierzulande die Suizidrate? Deutschland lag im Jahr 2020 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 9.206 Personen auf ähnlichem Niveau wie 2019. Das sind pro Tag 25 Suizide. Deutschland liegt damit bei der Suizidrate weltweit im oberen Drittel (in der Suizid-Statistik pro 100.000 Einwohner). Ende der 70er-Jahre waren es noch doppelt so viele Selbstmorde in Deutschland. Seitdem ist die Zahl zwar zurückgegangen – 2007 lag sie erstmals unter 10.000 – hält sich seitdem aber auf konstant hohem Niveau.
Suizidrate in Deutschland nach Alter
Welchen Einfluss haben Alter und Geschlecht auf die Suizidrate? Männer, Frauen, Jugendliche – ein Suizid oder Selbstmordversuch macht vor keiner Altersgruppe halt. Jedes Jahr verlieren durch Suizid in Deutschland rund 600 junge Menschen ihr Leben. Selbst in der Altersgruppe der Zehn- bis 15-Jährigen haben sich 2020 25 Kinder suizidiert.
Tendenziell steigt das Selbstmordrisiko jedoch mit dem Alter. Die Anzahl Suizide in Deutschland war 2020 mit 990 in der Altersgruppe der 55- bis 60-Jährigen am höchsten. Männer haben der Statistik für Suizid zufolge je nach Altersgruppe zwei- bis dreimal häufiger Selbstmord begangen als Frauen.
Statistik Suizid: Deutschland-Zahlen nach Jahreszeit und Bundesländern
Ein Blick in die Statistik „Selbstmorde“ in Deutschland zeigt, dass sich auf die Monate gesehen die meisten Menschen nicht, wie vielleicht vermutet, in der dunklen Jahreszeit umgebracht haben, sondern in den Monaten Mai (842), Juni (840) und Juli (805). Die wenigsten suizidierten sich im Dezember: 2020 waren es trotzdem immer noch 664 Suizidtote. Deutschland weist zudem Unterschiede bei den Bundesländern auf. Betrachtet man die Selbstmord-Statistik pro 100.000 Einwohner und Bundesland, findet sich die niedrigste Selbstmordrate in Deutschland in Nordrhein-Westfalen mit 7,6 und die höchste in Sachsen-Anhalt mit 15,9.
Häufigste Selbstmordart in Deutschland
Sowohl Männer als auch Frauen wählten laut Statistik als häufigste Suizidarten Erhängen, Strangulieren oder Ersticken aus. Fast die Hälfte aller männlichen Selbstmörder starb 2020 auf diese Weise. Bei den Frauen war es etwas mehr als ein Drittel. Weitere häufige Suizidarten waren der Sturz in die Tiefe sowie Selbstmord durch Arzneimittel oder Drogen.
Was sagt die Art des Selbstmordes über einen Menschen aus?
Die Arten von Suizid sagen kaum etwas über den Charakter aus. Gründe für Suizid spielen dabei ebenfalls eine Rolle. Wer lange vor der Tat Selbstmordgedanken hatte, wählt meist eine andere Methode aus als Menschen, die einen Selbstmord als Kurzschlusshandlung begehen.
Es lässt sich sagen, dass suizidale Männer aggressiver vorgehen und tödlichere Selbstmordarten wählen. Es gibt Methoden, die wahrscheinlicher zum Tod führen als andere. Entscheidet sich jemand für eine weniger tödliche Art, bedeutet das jedoch nicht, dass die Selbstmordabsicht weniger ernsthaft ist.
Ist Suizid strafbar?
Die Frage, ob Selbstmord strafbar ist, lässt sich einfach beantworten: Nein. Wäre Suizid strafbar – das Suizidopfer ist nicht mehr zur Rechenschaft zu ziehen. Suizide und Suizidversuche haben im Deutschen Strafrecht keine Konsequenzen.
Anders ist es beim erweiterten Selbstmord (töten weiterer Personen und anschließender oder gleichzeitiger Freitod). Juristisch gesehen macht sich die betreffende Person der vorherigen Tötungen strafbar. Misslingt ein erweiterter Suizid, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den versuchten Selbstmörder wegen Tötungsdelikts.
Ähnlich sieht es bei einem geplanten gemeinsamen Freitod aus. Eine überlebende Person kann sich der Tötung auf Verlangen strafbar machen.
Wie kann Suizid vermieden werden?
Suizidprävention ist möglich, obgleich es sich natürlich um eine komplexe Aufgabe handelt. Zu den Mitteln der Prävention gehören einerseits Therapieangebote, die leicht zugänglich sein müssen, Fortbildungen in den medizinischen und psychosozialen Berufen sowie Aufklärung und Früherkennung von Suizidgefahr und psychischen Erkrankungen. Andererseits darf es kein Tabu mehr sein, über Suizid zu reden. Betroffene sollten sich nicht für ihre Gedanken, sich selbst umbringen zu wollen, schämen müssen.
Probleme wahrnehmen und therapieren
Vielmehr müssen sie sich wahrgenommen fühlen. Ihre Probleme — besonders ihre suizidalen Absichten sowie andere Schwierigkeiten in ihrem Leben — müssen ernst genommen werden. Da die Suizidalität in diesem Sinne also ein Symptom ist, muss die zugrunde liegende Krankheit therapiert werden. Ambulante oder stationäre Hilfsmaßnahmen, Psychotherapie oder medikamentöse Therapie können zum Einsatz kommen. Die Betroffenen müssen sich aber darauf einlassen. Mit absoluter Sicherheit kann ein Suizid leider selten verhindert werden.
Suizid: Gründe und Ursachen
Was ist „suizidgefährdet“? Was sind Suizidgedanken? Was sind Suizid-Gründe? Diese Fragen stellen sich, wenn man einen Suizid verhindern will. Gründe für Selbstmord sind sehr unterschiedlich. In vielen Fällen liegt eine psychische Erkrankung wie Depression, eine Bipolare Störung oder Schizophrenie vor. Auch starke chronische Schmerzen oder andere Leiden, Krankheiten oder Behinderungen können Suizid-Ursachen sein. Schwere Erkrankungen sind in höherem Alter häufig Grund für den Freitod. Neben den medizinischen Ursachen gibt es weitere Einflüsse, die einen Selbstmord wahrscheinlicher machen.
So verstärkt der Konsum von Alkohol depressive Stimmungen, was die Wahrscheinlichkeit für Selbstmordgedanken oder den tatsächlichen Suizid erhöht. Man schätzt, dass knapp ein Drittel der Menschen, die einen Selbstmordversuch unternehmen, vorher Alkohol getrunken haben. Weitere Ursachen für einen Freitod können gesellschaftlicher Art sein: Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Abstieg oder traumatische Erfahrungen können gerade bei psychisch labilen Personen Risikofaktor für einen Selbstmord sein.
Hinweis: Es gibt Medikamente, die als Nebenwirkung zu Selbstmordgedanken führen können. Darunter einige Antidepressiva, Antiepileptika und Asthma-Mittel. Wer Medikamente einnimmt, und infolgedessen Suizidgedanken bekommt, sollte sich umgehend mit dem:der behandelnden Arzt:Ärztin in Verbindung setzen.
Offen und ehrlich über Selbstmord sprechen
Selfapy fragt alle Kurs-Interessent:innen ganz direkt, ob sie eine Selbststötungsabsicht haben oder schon mal hatten. Wir glauben, dass es wichtig ist, offen und ehrlich über dieses Thema zu sprechen und gegebenenfalls zu entscheiden, dass unsere Kurse nicht geeignet sind. Denn in Krisensituationen ist ein Online-Kurs nicht genug. Hilfe kann dann zum Beispiel die Telefonseelsorge bieten (kostenlos unter 0800–1110111 zu erreichen).
Quellenangaben
- Bronisch, T. (2007). Der Suizid: Ursachen, Warnsignale, Prävention. Verlag C. H. Beck
- Bundesministerium der Justiz (o.D.): Strafgesetzbuch §216 Tötung auf Verlangen. https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__216.html
- Bundeszentrale für politische Bildung (o.D.): Selbstmordversuch. https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/recht-a-z/324028/selbstmordversuch/
- MSD Manual. Ausgabe für medizinische Fachkreise (2018, Januar): Suizidales Verhalten. https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/psychische-st%C3%B6rungen/suizidales-verhalten-und-selbstverletzung/suizidales-verhalten?query=suizidgedanken
- Müller, T. (2016, 27. Juni): Die drei wirksamsten Maßnahmen, um Suizide zu verhindern. Ärztezeitung. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Die-drei-wirksamsten-Massnahmen-um-Suizide-zu-verhindern-294184.html
- Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs (2019, 26. November): Suizid: Was ist das? https://www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/wissenswertes/was-ist-suizid
- Statista (2022, 24. Januar): Anzahl der Sterbefälle durch Suizid in Deutschland nach Art der Methode in den Jahren 2015 bis 2019 . https://de.statista.com/statistik/daten/studie/585/umfrage/selbstmordmethoden-in-deutschland-2006/#professional
- Statistisches Bundesamt (o. D.): Todesursachenstatistik für das Jahr 2019: Suizide. https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/bevoelkerung-arbeit-soziales/gesundheit/Suizid.html
Statistisches Bundesamt (o. D.): Todesursachenstatistik für das Jahr 2019: Suizide.
Statistisches Bundesamt (o. D.): Todesursachenstatistik für das Jahr 2019: Suizide.
- Statistisches Bundesamt (o.J.). Todesursachen: Suizide. Online verfügbar unter https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/Tabellen/suizide.html (letzter Zugriff: 24.03.2021)
- Stiftung Deutsche Depressionshilfe (Hrsg., 2016): Suizidprävention:
Eine globale Herausforderung. https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/131056/9789241564779-ger.pdf - Telefonseelsorge , Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS)
- Wolfersdorf, M., Etzersdorfer, E. (2011). Suizid und Suizidprävention. Kohlhammer