Zurück 31 Oct 2022 · 8 min lesezeit
von Felicitas Eva Lindner
Eskapismus

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Tagträumen, übermäßiger Medienkonsum, Drogenkonsum oder übermäßiges Essen. Eskapist*innen sind Menschen, die einem Auseinandersetzen mit der Realität durch Flucht und Vermeidung aus dem Weg gehen. 

Eskapismus: Definition

Was ist Eskapismus? Eskapismus (engl.: escapism, von to escape, fliehen) wird auch als Realitätsflucht oder Weltflucht bezeichnet. Es handelt sich dabei um Vermeidungsverhalten. Der Realität und dem, was tatsächlich passiert, wird also bewusst oder unbewusst aus dem Weg gegangen. Eskapismus ist nicht nur durch ein Flüchten aus der Realität, sondern auch durch eine gleichzeitige Hinwendung zu einer anderen “Wirklichkeit” gekennzeichnet. Dabei kann es sich um allerlei Ablenkungen handeln: übermäßiger Gebrauch von Medien wie dem Lesen von Büchern, das “Binge-watchen” von Serien, dem Gebrauch von Drogen oder auch Binge-Eating können solche Ablenkungen sein. Auch das Spielen von Videospielen ist eine beliebte Methode, um aus der Realität zu fliehen. Das liegt daran, dass viele Videospiele psychologische Grundbedürfnisse erfüllen.

Schon die Herkunft des Wortes, die vom englischen Wort “to escape”, also fliehen oder flüchten, abgeleitet wird, gibt Auskunft darüber, was Eskapismus bedeutet. Die Realität und die eigene Wirklichkeit werden von Betroffenen als unangenehm empfunden und es wird häufig irgendeine Art von Bedrohung empfunden. Vielleicht fühlen sich Betroffene auch überfordert oder einsam. Sie ziehen sich mehr und mehr aus ihrem eigenen Leben zurück und tauchen in ein fiktives Leben ein, das ihnen besser erscheint.

Woher stammt der Begriff Eskapismus?

Der Ursprung des Wortes Eskapismus steckt im deutschen Wort Eskapade. Früher wurde das Wort eher im Reitsport verwendet, wenn ein Pferd bei einem Turnier falsch gesprungen ist. Im Laufe der Zeit wurde das Wort dann auch für einen "Seitensprung" in einer Beziehung verwendet oder ganz allgemein für Abenteuer. Mit der Mitte des 20. Jahrhunderts fand der Begriff dann mehr Einzug in die Psychologie. Gleichbedeutend mit dem englischen Wort escapism wurde es mehr und mehr für den Hang zur Flucht aus der echten Welt, aus der Realität und in der Bildungssprache verwendet. 

Eskapismus: Ursachen

Meist entsteht Eskapismus dann, wenn bei einer Person aufgrund von Persönlichkeitsfaktoren oder soziostrukturellen Gegebenheiten ein großes Maß an Frustration besteht. Wenn die Auseinandersetzung mit der Realität für Betroffene beispielsweise sehr schmerzhaft ist, ist es für sie leichter, sich in einer fiktiven Welt zu bewegen und nicht mehr in die echte Welt zurückkehren zu müssen. Übermäßiger Drogenkonsum oder übermäßiges Essen werden zudem häufig unbewusst als Emotionsregulationsstrategie angewendet.

In der Medienpsychologie hingegen ist Eskapismus ein wichtiges Motiv, das Mediennutzung erst möglich macht. Hier werden Medienangebote von Konsument*innen bewusst als Mittel verwendet, um dem Alltag zu entfliehen. Durch den Medienkonsum können affektive Bedürfnisse, also zum Beispiel der Wunsch nach Entspannung, Ablenkung, Stimulation oder dem Bekämpfen von Langeweile befriedigt werden. Aber Eskapismus stellt in der Medienpsychologie auch ein Motiv zum Wissenserwerb oder zur Wissenserweiterung dar. Denn durch den Konsum von Medien können auch kognitive Bedürfnisse befriedigt werden. 

Folgende psychische Faktoren können das Entstehen von Eskapismus beeinflussen:

  • Schlechtes Selbstwertgefühl: Wer das Gefühl hat, nicht auszureichen, nicht gut genug zu sein, findet in einer anderen Welt oft Zuflucht und Geborgenheit.
  • Hohe Erwartungen: Menschen, die sehr hohe Anforderungen an sich selbst haben oder an die von außen Erwartungen herangetragen werden, die sehr gestresst sind, flüchten sich ebenfalls gerne in eine andere Welt, um sich abzulenken und zu entspannen.
  • Unzufriedenheit: Menschen, die sehr unzufrieden sind und vielleicht gar keinen Weg mehr sehen, ihr Leben angenehm zu gestalten, sehnen sich ebenfalls oft nach einer anderen Realität.
  • Schicksalsschläge: Wenn Menschen ein traumatisches Erlebnis wie den Verlust einer nahestehenden Person erleben, führt das oft zu Eskapismus, um den unangenehmen Gefühlen in der Realität aus dem Weg gehen zu können.
  • Unterforderung: Langeweile und Unterforderung sowie das Nicht-Ausschöpfen des eigenen Potenzials sind häufige Auslöser für die Realitätsflucht.
  • Psychische Erkrankung: Auch psychische Erkrankungen wie eine Depression oder Angststörungen können Auslöser für Wirklichkeitsflucht sein. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass der Eskapismus als Coping-Strategie verwendet wird, um den Symptomen der Erkrankung zu entfliehen.

Eskapismus: Symptome

Symptome können nur dann vorkommen, wenn etwas krankhaft ist. Eskapismus muss zunächst nicht krankhaft sein. Wir brauchen alle mal eine Pause von der echten Welt und das ist auch in Ordnung so. Erst dann, wenn sich aus dem eskapistischen Verhalten eine Art Sucht entwickelt, kann die Realitätsflucht als krankhaft eingestuft werden. Folgende Symptome gelten als Warnzeichen, dass der Eskapismus in eine ungesunde Richtung gehen kann:

  • Realitätsverlust: Irrationales Verhalten wie zum Beispiel das Sprechen mit Figuren, die in der Lieblingsserie vorkommen oder das Ausdenken von gemeinsamen Erlebnissen oder fiktive Gespräche gehören zu Realitätsverlust. Oftmals kommt dieses Symptom auch bei übermäßigem Alkohol- und Drogenkonsum vor.
  • Vernachlässigung: Ein Anzeichen von übermäßigem Eskapismus ist das Vernachlässigen des eigenen Soziallebens oder auch das Vernachlässigen von Verpflichtungen wie von Arbeits-Terminen, Körperhygiene oder dem Haushalt. 
  • Maßlosigkeit: Sobald Ausflüchte der Realität im Übermaß geschehen, sind sie bedenklich. Egal, ob es sich dabei um Essen oder Medienkonsum handelt. 
  • Ängste: Eine häufige Ursache für Eskapismus sind Ängste oder unangenehme Gefühle oder Verpflichtungen. Doch Vermeidungsverhalten führt nicht dazu, dass diese Probleme verschwinden. Oftmals werden sie durch die mangelnde Auseinandersetzung nur schlimmer und Ängste werden so genährt und können sich mehr und mehr verstärken. 
  • Isolation: Ein weiteres Anzeichen von übermäßigem Eskapismus ist Isolation. Zum einen deshalb, um der fiktiven Welt mehr Raum zu geben, zum anderen aber auch deshalb, um potenziellen Konflikten oder Streit aus dem Weg zu gehen. 
  • Fehlende Ziele: Betroffene zeigen kaum noch Ehrgeiz und Motivation oder den Wunsch, etwas zu erreichen. 

Eskapismus: Test

Leide ich unter Eskapismus? Ist meine Realitätsflucht schon krankhaft? Im Internet findest du zahlreiche Tests, die dir dazu Auskunft geben. Achte jedoch dabei darauf, dass es sich um eine vertrauenswürdige Quelle handelt. Keiner der Tests ersetzt eine professionelle Diagnose. Da es sich bei Eskapismus aber um keine psychische Störung handelt, wird dir auch dein psychotherapeutisches Fachpersonal keine Diagnose ausstellen. Wenn du den Verdacht hast, dass deine Wirklichkeitsflucht problematisch sein könnte, ist es trotzdem ratsam, eine*n Psychotherapeut*in aufzusuchen. Gemeinsam könnt ihr die Ursachen erforschen und alternative Problemlösestrategien erarbeiten. 

Eskapismus: Folgen

Eskapismus muss nicht zwangsläufig schlecht sein, in manchen Situationen kann er sogar nutzen. Bewusst und in Maßen angewendet, können Eskapismus und Ablenkung eine positive Form der Entspannung und einen Rückzugsort bieten. Er kann nützlich sein, um Spannung abzubauen und um unangenehme Gefühle auszugleichen. Aber natürlich ist darauf zu achten, wie viel Raum die Ablenkung einnimmt, in welcher Form sie stattfindet, ob bewusst oder unbewusst. Wenn einem Auseinandersetzen der Realität damit gänzlich aus dem Weg gegangen wird oder die Wirklichkeit verleugnet und die Scheinwelt als besser bewertet wird als die eigene Realität, kann Eskapismus auch schwerwiegende Folgen haben, insbesondere dann, wenn sich daraus eine Sucht entwickelt. 

Ein entscheidender Faktor ist auch der Grund für die Realitätsflucht, die Frage nach dem Warum. Geht es nur um eine kurze Auszeit, um ein kurzes Entspannen, so ist das noch kein Grund zur Beunruhigung. Doch wenn man sich in der Realität in einer Situation befindet, die einem selbst so ausweglos erscheint, dass man keinen anderen Weg sieht als der Situation zu entfliehen, sollte man den Eskapismus hinterfragen. Auch wenn das Verhalten bereits sehr exzessive Züge angenommen hat und Sucht involviert ist, ist Vorsicht geboten. 

Tipps gegen Eskapismus

Wenn die Realitätsflucht sich festigt, ist es Zeit, etwas dagegen zu tun und wieder in der wirklichen Welt anzukommen. Erfahre hier, mit welchen Tipps dir das auch gelingen kann.

  1. Reflexion: Dein Verhalten zu reflektieren und zu erkennen, dass es sich dabei um Eskapismus handelt, ist der erste wichtige Schritt. Vielleicht fallen dir Unterschiede zu früheren Verhalten auf, vielleicht merkst du, dass dir die aktuelle Situation nicht gefällt?
  2. Ursache: Stelle dir die Frage: Woher kommt mein Eskapismus? In welchen Situationen kommt es zu dem Verhalten? Warum genau dann? Überlege, welche Folgen der Eskapismus in der Realität hat.
  3. Nutze Positivität: Wenn du merkst, dass du in eine Situation kommst, der du gerne entfliehen möchtest, gibt es auch andere Methoden, die entspannend sein können, es aber gleichzeitig möglich machen, im Hier und Jetzt zu bleiben. Sport kann so eine Möglichkeit sein oder Achtsamkeitspraktiken wie Yoga oder Meditation. Suche dir Alternativen, die dir die Möglichkeit bieten dich zu entspannen, deinen Alltag kurz hinter dir zu lassen, die es trotzdem ermöglichen, in der Realität zu bleiben. Zeit in der Natur, eine schöne Beschäftigung wie kochen oder ein Telefonat mit einer dir nahen Person können solche Alternativen sein. Auch das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs kann hilfreich sein. Es bietet nicht nur eine Alternative zur Realitätsflucht an, sondern nimmt gleichzeitig der Ursache einen Teil ihrer Berechtigung und bringt deinen Fokus auf die Dinge, die in deiner Wirklichkeit gut laufen. 
  4. Aktive Veränderung: Wenn du deine Probleme im realen Leben angehen möchtest, wird Eskapismus dir dabei nicht helfen. Wenn er sehr exzessiv betrieben wird, wird er die Situation oftmals eher verschlimmern. Überlege dir also, was du aktiv tun kannst, um die Situation zu verändern. Dabei musst du nicht alles auf einmal machen, sondern kannst dir kleine Schritte überlegen, die dich zum Ziel führen.
  5. Professionelle Unterstützung: Wenn du das Gefühl hast, alleine nicht weiterzukommen, ist das kein Grund sich zu schämen oder zu verzweifeln. Du kannst dir auch professionelle Unterstützung suchen und eine Psychotherapie in Erwägung ziehen.

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Ein Artikel von

Felicitas Eva Lindner Redakteurin · Journalismus M.A. | Psychologie B.Sc. | Psychologie M.Sc.

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Quellenangaben

  1. lexikon.stangl.eu (2022). Eskapismus. Online verfügbar unter https://lexikon.stangl.eu/12053/eskapismus [24.10.22].
  2. Mai, Jochen (2022). Eskapismus - einfach erklärt: Symptome, Beispiele, Tipps. Online verfügbar unter https://karrierebibel.de/eskapismus/ [24.10.22].
  3. Remo, Iveta (2021). Eskapismus: gefährlicher Trend oder eine dringend benötigte Pause von der Realität? Online verfügbar unter https://blog.withings.com/de/2021/02/02/eskapismus-gefahrlicher-trend-oder-eine-dringend-benotigte-pause-von-der-realitat/ [24.10.22].
  4. Walden, T. (2022). Theorieansätze und Hypothesen in der Medienpädagogik: Das Eskapismus-Konzept. In Handbuch Medienpädagogik (pp. 319-325). Springer VS, Wiesbaden.

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