Zurück 13 Mar 2020 · 11 min lesezeit

Holger hat bei Selfapy den 12-Wochen-Kurs bei Depression absolviert. In seinem Erfahrungsbericht beschreibt er eindrücklich, wie es dazu kam, dass er sich aufgrund seiner Depression Hilfe gesucht hat und wie er durch den Kurs von Selfapy neue Hoffnung und Zuversicht schöpfen konnte.

Warum bin gerade ich depressiv?

„Warum gerade ich? Was ist denn los mit mir? Gestern war doch alles noch in Ordnung und jetzt ist alles so negativ, so dunkel, so grau… ich will das nicht…“

So, oder so ähnlich habe ich mir in den vergangenen Jahren immer wieder Fragen gestellt, weil ich nicht wusste, was mit mir geschah. Aber Antworten habe ich nie erhalten. Im Gegenteil – jede Frage löste nur noch mehr Gedanken aus. Je älter ich wurde, desto schlimmer wurde es. Was war geschehen? Früher war ich doch nicht so! Meine Kindheit war schön und behütet, ich wurde geliebt, hatte keine Schwierigkeiten in der Schule, war gut im Sport, keine Last mit Krankheiten, hatte Freunde, war beliebt… Warum nun diese negativen Gedanken? Bin ich erblich vorbelastet? Nein, eigentlich nicht. Meine Mutter war mal mit einem „Nervenzusammenbruch“ im Krankenhaus. Ich kann mich daran noch sehr gut erinnern, denn ich durfte sie damals, ich denke, ich war so vier oder fünf Jahre alt, nicht besuchen. Durch eine Glasscheibe getrennt, durfte ich sie nur für ein paar Minuten sehen. Mehr nicht. Verstanden habe ich es damals nicht. Und heute erst recht nicht.

Aber bin ich aufgrund dieses Vorfalls psychisch labil vorbelastet? Nein! Also, warum denke ich mich kaputt?

Es begann mit endlosen Fragen und Selbstzweifeln 

Irgendwann schlichen sich dann die ersten Selbstzweifel in meinen Kopf, bohrende Fragen, die stets unbeantwortet blieben. Fragen, die mich nach unten in den Sumpf zogen. Mit jeder Frage ein kleines Stückchen tiefer. Anfangs habe ich es noch ignoriert, denn wenn nur der eine Fuß im Morast steckt, zieht man ihn einfach wieder heraus und geht weiter. Aber statt aus dem Sumpf herauszugehen, ging ich stets weiter hinein. Und es wurde von Mal zu Mal schwieriger, den Fuß, das Bein, zu befreien. Neidvoll blicke ich auf die Menschen, die scheinbar immer auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Egal was sie anfassen, egal was sie tun, es gelingt scheinbar mühelos. Dabei war ich früher doch nicht anders. Ich musste nicht kämpfen, hatte kaum negative Erlebnisse oder Rückschläge.

Aber warum nun? Warum stecke ich in diesem Sumpf, in dem die Sonne niemals scheint? Was habe ich getan, dass es mir so schlecht geht? Zu welchem Zeitpunkt ist mir mein Leben entglitten?

Was ich allerdings erst jetzt sehe ist, dass ich mich mit diesen Fragen und Selbstzweifeln immer weiter in den Abgrund getrieben habe. Denn, wenn es einem nicht gut geht und man die ganze Zeit über sich nachdenkt und an sich zweifelt, woher soll denn dann eine positive Einstellung zu mir kommen? Doch diese so einfach klingende Erkenntnis habe ich noch nicht lange. Ich habe ja ganz lange noch nicht mal verstanden, dass ich Hilfe benötige. Ich habe das Thema Depression lange von mir weg geschoben! So etwas habe ich nicht! Ich bin schließlich ganz klar im Kopf, ich muss mich eben nur ein wenig zusammenreißen, dann wird es schon wieder werden.

Depressionen? Sowas habe ich doch nicht!

Erst als meine Frau an Depressionen erkrankte, habe ich mich intensiver mit diesem Thema beschäftigt. Ich verstand, dass es eine ganz normale Krankheit ist, die man gut therapieren kann. Aber dennoch schob ich dieses Thema von mir persönlich ganz weit weg. Nein, ich bin nicht krank im Kopf! Ich unterstütze meine Frau bei der Therapie und konnte zusehen, wie es ihr besser und besser ging. Unterstützend hatten wir einige Termine mit einem Coach, den wir privat vermittelt bekamen. Im Nachhinein ein Glücksfall. Ich kann mich noch an die ersten Sitzungen mit ihm erinnern, an denen ich teilnahm, um meiner Frau zu zeigen, dass ich sie unterstütze. Zudem war dem Coach wichtig, dass nicht nur die erkrankte Person an den Terminen teilnimmt, sondern auch der Partner, um mehr Verständnis für die Erkrankung zu haben.

In die Termine hatte mich der Trainer dann auch aktiv eingebunden, wobei ich mir dann doch recht albern vorkam. Schließlich brauchte ich doch keine Hilfe! Meine Frau machte tolle Fortschritte und bekam Ihre Gefühlswelt immer besser in den Griff. Und irgendwann bat mich der Trainer um einen Solo-Termin, nur mit mir, da er das Gefühl in den letzten Sitzungen gewonnen hatte, dass auch ich depressive Züge zeige. Bumm… das war wie ein Niederschlag beim Boxen, aus dem Nichts an die Schläfe. Ich konnte mich nicht wehren…

Konnte das tatsächlich sein? Ich, depressiv? Wie konnte das überhaupt passieren? Nein! Oder vielleicht doch?

Ich habe mich darauf eingelassen und die Termine auch wahrgenommen. In vielen Dingen habe ich mich durchaus wiedererkannt und so schob ich das Thema nicht mehr so ganz weit weg von mir. Ja, ich habe sogar nach und nach verstanden, dass ich Hilfe benötige. Ich habe meine Übungen und meine Aufgaben erledigt und es ging mir tatsächlich besser. Super! So einfach ist das? Ein bisschen was aufschreiben, ein paar Achtsamkeitsübungen und schon ist man geheilt? Genial, das war einfach! Aber warum sollte ich nun mit diesem albernen Zeug weitermachen? Es ist doch alles gut…

Die Abwärtsspirale der Depression

Und obwohl ich eigentlich verstanden hatte, worum es ging, ließ ich die Zügel wieder schleifen. Und die Abwärtsspirale begann sich erneut zu drehen. Unaufhaltsam zog mich der Wirbel wieder in die Tiefe, weiter und weiter. Doch statt mich an die Übungen und die Gespräche mit dem Trainer zu erinnern oder den warnenden Worten meiner Frau Glauben zu schenken, ließ ich mich willen- und wehrlos vom Sog erfassen. Und je tiefer man gerät, desto stärker wird der Strudel. Die Seele leidet jeden Tag mehr, der Körper beginnt zu schmerzen. Das Lachen fällt schwer, schöne Dinge verlieren ihre Farbe, die Welt ist schwarz-weiß, Geräusche nimmt man nur noch dumpf wahr, als ob man Watte in den Ohren hätte. Das Leben zieht nur noch an einem vorbei, ohne dass man teilnimmt. Nichts macht mehr Spaß. Man funktioniert nur noch und hofft, dass jemand den Schalter umlegt und alles wieder besser ist. Dass man aus diesem bösen Traum erwacht. Keine Selbstliebe, kein Selbstwertgefühl, kein Selbstbewusstsein. Man möchte sich am liebsten verkriechen.

Aber man funktioniert jeden Tag aufs Neue. Man setzt seine Maske auf bevor man ins Büro kommt, damit ja niemand mitbekommt, wie dreckig es einem geht. Wie ein Uhrwerk… Arbeiten ohne Nachzudenken, bloß nicht auffallen und nichts anmerken lassen. Später, im Auto auf dem Weg nach Hause, möchte man am liebsten weinen, weil man sich verleugnet, weil man ein schlechtes Theaterstück bis zur Perfektion einstudiert hat. Niemand erkennt den wahren Menschen. Niemand weiß, wie anstrengend das ist. Nur meine Familie, meine Frau und meine Tochter sehen wie ich bin, sehen wie schlecht es mir geht… und rütteln mich wach. Ich soll mir Hilfe suchen, alleine kommt man aus diesem Tal nur sehr schlecht heraus.

Nicht nur Symptome bekämpfen, sondern Ursachen erforschen 

Wenn man nur punktuell etwas gegen die Symptome unternimmt und den Ursachen nicht auf den Grund geht, kann es dauerhaft nicht besser werden. Immer nur Kopfschmerztabletten zu nehmen, ohne den Grund zu suchen, ist sicherlich ein guter Vergleich. Sobald die Schmerzen weg sind und es einem besser geht, nimmt man eben keine Tabletten mehr. Bis die Schmerzen wieder da sind… und es beginnt von vorne, eventuell schlimmer als beim letzten Mal. Sobald es mir etwas besser ging, habe ich mir selber etwas vorgelogen und mir eingeredet, dass es nun bergauf geht, dass ich mich im Griff habe. Nur um kurz danach wieder abzurutschen.

Die nett gemeinten Ratschläge meiner Frau habe ich komplett abgelehnt. Ja, mich sogar ein wenig lächerlich darüber gemacht. Ich tat es als esoterisches Psycho- Gelaber ab, ohne mich tatsächlich damit auseinanderzusetzen. Aber, und das merkte sogar ich, es ging mir immer schlechter. Aber mich in ärztliche Therapie zu begeben, wollte ich auch nicht. Zu sehr haftete für mich ein Makel an dieser Tatsache: Ich bin schließlich nicht verrückt! Nein, das ist bestimmt normal und legt sich von alleine und zum Arzt geht man nur mit einem gebrochenen Bein oder einer Grippe. Aber Stimmungsschwankungen? Nein, so schlimm ist es nicht. Und es war jede Menge Angst dabei, das gebe ich gerne zu. Angst vor dem Unbekannten, Angst vor Diagnosen, Angst vor der Wahrheit…

Online-Programm von Selfapy als erster Lösungsansatz

Und in dieser Zeit kam meine Frau zu mir und erzählte mir von dem Online-Programm von Selfapy. Neugierig geworden klickte ich mich durch die Homepage und machte dort den Check, welcher Kurs für mich geeignet sei. Der Hinweis auf die Übernahme der Kosten durch die AOK schaffte schon Vertrauen, dass es nicht nur ein „windiges Internet-Angebot“ sein würde. Das Ergebnis des Checks war schon etwas ernüchternd, aber zugleich auch eine kleine Befreiung, denn das Thema Depression war mir durch meine Frau nicht ganz unbekannt. Zumindest wusste ich, dass es „nur“ eine Krankheit ist, die man therapieren kann.

Aber sollte ich tatsächlich Geld in die Hand nehmen, um mir per Internet helfen zu lassen? Konnte das überhaupt funktionieren? Ist da der persönliche Kontakt zwischen Therapeuten und Patienten nicht wichtig?

Naja, ich entschied mich dann für die „kleinste“ Variante des Depressionskurses von Selfapy und legte neugierig los. Abgesehen von ein paar technischen Schwierigkeiten, die aber durchaus ihre Ursache vor dem Bildschirm haben konnten, gefiel es mir schon ganz gut. Zusätzlich zum Online-Programm bekommt man einen festen Ansprechpartner an die Seite gestellt, der vollkommen unspektakulär „Begleiter“ genannt wird. Und das ist gut so. Das schafft Nähe und Vertrauen, denn man begibt sich ja auf eine Reise, die man gemeinsam mit dem Begleiter absolviert. Man ist also nie allein. Die Bezeichnung „Therapeut“ oder sonst ein klinischer Ausdruck hätte eher für Distanz gesorgt. Die Nachrichtenfunktion ist für mich persönlich aber viel wichtiger, da so ein direkter Austausch möglich ist. So konnte ich meine Gefühle, Gedanken und Fragen jederzeit in Ruhe formulieren und abschicken. Zuverlässig kommt spätestens am nächsten Tag eine Antwort. Es entwickelt sich ein tolles Gespräch, das aufbaut, ermuntert, einen an die Hand nimmt. Natürlich gehört Überwindung dazu, sich einem vollkommen Fremden anzuvertrauen, sein Innerstes nach außen zu kehren. Aber gerade diese Distanz macht es auch einfacher… Der Kurs und die Fragen des Begleiters bewirkten bei mir ein Umdenken.

Der erste Schritt auf dem Weg aus der Depression

Ich beschäftigte mich intensiv mit mir und meinen Gedanken und Gefühlen. Ich entdeckte Automatismen in meiner Gedankenwelt und begann zu verstehen, was mit mir los ist. Und erst wenn man etwas versteht, kann man daran auch effektiv arbeiten. Diese war für mich als sehr rationalen Menschen extrem wichtig. Aber der entscheidende Punkt war, dass ich verstehen musste, dass ich Hilfe benötige und dann auch zulasse. Das ist beim normalen Arztbesuch aber auch nicht anders. Ich habe Symptome, die mich in meinem Wohlbefinden stören. Ich gehe zum Arzt, der die Ursache ausfindig macht und diese behandelt. Und am Ende sind Symptome und Ursache weg. Das funktioniert aber auch nur, wenn ich dem Arzt vertraue und mich auf seine Therapie einlasse. Das ist ja auch die grundsätzliche Erwartungshaltung, wenn ich eine Arztpraxis betrete.

Jetzt weiß ich, ich brauche Hilfe, weil ich nicht mehr leiden möchte. Ich möchte mich wieder freuen können, dass ich morgens aufstehe, ich möchte lachen können bis mir der Bauch wehtut, ich möchte das Schöne in den kleinen Dingen des Alltags sehen können, will neugierig sein und neues ausprobieren, will einfach nur ich selber sein. Voll und ganz. Ich will diese Hilfe dauerhaft annehmen und ich habe verstanden, dass es niemals aufhört, es gibt kein Ziel, an dem man ankommt. Der Weg ist in diesem Fall das Ziel… Aber das macht mir keine Angst, denn wenn ich kontinuierlich an mir arbeite, kann ich mich jeden Tag ein wenig besser kennen- und verstehen lernen. Ich werde größer, stärker als jemals zuvor. Das Bild vom Phönix aus der Asche passt tatsächlich sehr gut. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn ich diese Erkenntnis viel früher gehabt hätte. Doch es ist niemals zu spät, um den Weg zu gehen. Und auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt, gefolgt vom Nächsten und dem Nächsten…

Aber halt, es gibt doch ein Ziel: Das Ziel bin ich selber!

Ein lohnendes Ziel wie ich finde… Ich freue mich auf die Zeit mit mir. Und niemand hat gesagt, dass ich diesen Weg alleine gehen muss. Es gibt Hilfe da draußen, die man nur annehmen muss. Selfapy ist mein Begleiter auf meinem Weg zu mir.

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