Zurück 08 Sep 2023 · 9 min lesezeit
von Felicitas Eva Lindner
Arbeiten trotz Depressionen

Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, sozialer Rückzug, Leistungsabfall. Viele Menschen kämpfen mit solchen Symptomen am Arbeitsplatz, selbst wenn sie zuvor jahrelang Spaß an ihrem Job hatten. Sind das Anzeichen für einen dringend notwendigen Urlaub, Überlastung oder schon für eine Depression?

Wie zeigt sich eine Depression am Arbeitsplatz?

Eine Depression aus medizinischer Sicht ist klar abzugrenzen von einer Phase schlechter oder gedrückter Stimmung, die bei fast jedem Menschen mindestens einmal im Leben vorkommt. Emotionale Schwankungen sind zunächst ganz normal und kein Grund zur Beunruhigung. 

Eine Depression hingegen ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die betroffene Personen massiv in ihrem Alltag beeinflusst. Das Denken, Fühlen und Handeln Betroffener ist stark verändert und kann schwer selbst kontrolliert werden. Auch Körper- und/ oder Gehirnfunktionen können beeinträchtigt sein.

Depression und Arbeit

Keine Lust auf Arbeit & Depression, das kommt sehr häufig vor. Oftmals ist die fehlende Motivation auch ein Anzeichen der Erkrankung. Eine depressive Erkrankung kann sich nicht nur auf das Privatleben, sondern auf alle Lebensbereiche auswirken, auch auf den Job. Vielen Betroffenen fällt es dann schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, die ursprüngliche Leistung zu erbringen und sich überhaupt zu motivieren. Sie haben dann oft den Gedanken: “Ich will nicht mehr arbeiten”. Depressionen oder die depressive Symptomatik trägt zudem dazu bei, dass Betroffene Schwierigkeiten damit haben, einen geregelten Arbeitsalltag zu führen oder über kaum bis gar kein angemessenes Zeitmanagement verfügen. Auch Selbstzweifel, Angst davor nicht genug zu sein sowie Angst vor Kritik oder schlechter Leistung können vorkommen. 

Starte noch heute dein psychologisches Online-Therapieprogramm von Selfapy! Du bekommst es auf Rezept vom Arzt oder online. Jetzt mehr erfahren!

Für eine Diagnose der Erkrankung müssen die Symptome über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen hinweg auftreten. Zudem gibt es verschiedene Arten der Depression. Die häufigste Form ist die unipolare Depression, bei der ein- oder mehrmals eine akute Phase der Symptomatik auftritt. Es gibt aber auch die bipolare Depression, bei der sich Phasen der Niedergeschlagenheit mit der der Manie abwechseln. Eine Manie bezeichnet einen Zustand des besonderen Hochgefühls und des Übermutes. Auch weitere Formen der Depression, wie beispielsweise eine rezidivierende Depression, eine Altersdepression, eine Wochenbettdepression, eine saisonale Depression oder Depression bei Kindern und Jugendlichen oder weitere Formen der Depression können vorkommen. 

Symptome: Depression im Job

Es gibt unterschiedliche Symptome, die auf eine Depression hindeuten können. Es müssen nicht alle Symptome zur gleichen Zeit vorkommen. Es gibt jedoch Kernsymptome einer Depression, die vorkommen müssen, wenn eine leichte, mittelgradige oder schwere depressive Episode diagnostiziert wird. Mehr dazu findest du in unserem Text über Anzeichen, Symptome und Therapie der Depression.

Emotionale und kognitive Symptome

  • Niedergeschlagenheit
  • niedriges Selbstwertgefühl
  • Leistungsabfall
  • negative Gedankenspiralen
  • Schuldgefühle
  • Gefühle der Einsamkeit und des Alleingelassen Seins von Familie und Kolleg*innen

Körperliche Symptome

  • Schmerzen, so zum Beispiel Kopf- oder Rückenschmerzen
  • Magen-Darm-Probleme
  • Unruhe und innere Erregtheit
  • Konzentrationsprobleme
  • Probleme mit Herz und Kreislauf
  • weniger oder gesteigerter Appetit
  • sexuelle Unlust
  • Schlafstörungen und Schwierigkeiten, morgens aufzustehen
  • Antriebslosigkeit

Depression durch Arbeit

Fast jede fünfte berufstätige Person in Deutschland ist mindestens einmal in ihrem (Arbeits-) Leben von einer Depression betroffen. Depression wegen arbeiten? Ein stressiger, schnelllebiger und überfordernder Arbeitsalltag wird oftmals als Ursache einer Depression gesehen und kann dann schnell in ein Burn-Out-Syndrom auslösen. Eine Depression ist eine Reaktion auf chronische Stressbelastung. Das Depressionsbarometer gibt Konflikte im Job oder anderweitige arbeitsbezogene Belastungssymptome als Hauptgründe für das Entstehen einer Depression an. Viele Menschen denken daher, dass eine Auszeit durch zum Beispiel Urlaub die Symptome wieder verbessern kann. Das kann jedoch schnell das Gegenteil bewirken, da die Struktur, die der Arbeitstag bietet, bei einer depressiven Erkrankung wichtig ist. Auch übermäßiger Schlaf kann sich eher negativ auf die Erkrankung auswirken. 

Ob Überforderung, Erschöpfungssymptome und Niedergeschlagenheit nun aber tatsächlich die Ursache oder vielleicht einfach Folgen einer depressiven Erkrankung sind, ist gar nicht immer so leicht festzustellen. Oftmals können ganz andere Gründe wie zum Beispiel genetische Faktoren eine Depression hervorrufen.

Abgrenzung Burn-Out-Syndrom

Wie lassen sich nun aber ein arbeitsbedingtes Burn-Out-Syndrom und eine Depression voneinander abgrenzen. Die Symptomatik der beiden Erkrankungen ist so ähnlich, dass sich die deskriptive Symptomatik kaum voneinander unterscheiden lässt. 

Erst seit Januar 2022 ist das Burn-Out-Syndrom in den Katalog der internationalen Klassifikation der Krankheiten der WHO (ICD) aufgenommen worden und als psychische Erkrankung anerkannt. Ein wichtiges Abgrenzungskriterium der beiden psychischen Erkrankungen Depression und Burn-Out-Syndrom ist die Verlaufsform. Es ist tatsächlich eher so, dass ein Burn-Out zu einer Depression führt. Je stärker aber die Depression, desto unwahrscheinlicher ist ein Burn-Out und oftmals ist dieses eher von gesellschaftlichen Faktoren wie Leistungsdruck abhängig.

Depression & Arbeitsunfähigkeit

Dauerhaft arbeitsunfähig wegen Depression? - Das kann durchaus vorkommen. Arbeitsunfähigkeit kann aber bei allen psychischen und körperlichen Erkrankungen vorkommen. Es handelt sich dabei um einen sozialrechtlichen Status, der sicherstellen soll, dass Menschen im Krankenstand keine Nachteile oder auch gesundheitliche Folgen davontragen. Genau genommen ist Arbeitsunfähigkeit aber keine klassische Krankschreibung, sondern es geht dabei wirklich um eine offizielle Bestätigung, dass die betroffene Person nicht arbeiten kann. Depression: Arbeiten oder krankschreiben? Arbeitsunfähigkeit liegt beim Zutreffen der folgenden vier Punkte vor:

  • eine Person kann den bisher ausgeübten Beruf gar nicht mehr

oder

  • nur unter dem Risiko der Verschlimmerung der Krankheit ausführen

oder

  • wenn absehbar ist, dass aus dem aktuellen Zustand, der noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, Arbeitsunfähigkeit erwachsen könnte

und

  • wenn ein kausaler Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Unfähigkeit zur Ausübung der Funktion besteht.

Die Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit muss durch ärztliches oder psychotherapeutisches Fachpersonal erfolgen. In den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit wird der ursprüngliche Lohn durch Arbeitgeber*innen weitergezahlt. Im Anschluss daran kann für eine Dauer von bis zu 78 Wochen die Zahlung einer Lohnersatzleistung erfolgen. Diese liegt entweder bei einer Höhe von 70 Prozent des Gehaltes oder aber in der vollen Höhe des Arbeitslosengeldes und wird von der Krankenkasse gedeckt.

Eine weitere Unterstützung bei Depression kann das kostenlose eBook von Selfapy bieten. Es enthält 5 Übungen von Psycholog*innen. Einfach deine E-Mail-Adresse eintragen und eBook direkt ins Postfach bekommen.

Tipps für Arbeitgeber*innen

Depression am Arbeitsplatz, das ist für alle Beteiligten schwierig. Trotz Depression arbeiten oder nach einer Erkrankung zurück zum Arbeitsplatz zu finden ist aber möglich. Wenn Betroffene einer Depression zurück in den Job kehren wollen, ist das sowohl für Arbeitnehmer*innen, als auch für Arbeitgeber*innen eine Herausforderung. Insbesondere Arbeitgeber*innen können ihren Angestellten diesen Schritt mit ein paar Tipps aber erleichtern:

  • Wiedereingliederungsgespräch

Für Betroffene ist es oft unangenehm, mit Vorgesetzten über ihre Erkrankung zu sprechen. Daher ist es die Aufgabe von Arbeitgeber*innen, Betroffenen diese Angst zu nehmen und Verständnis und Offenheit für die Erkrankung und die individuelle Situation zu zeigen. Es geht demnach nicht nur darum, Betroffene sofort wieder mit Erwartungen zu konfrontieren, sondern vor allem darum zu vermitteln, dass eine gewisse Fürsorge seitens der Arbeitgeber*innen vorhanden ist. Zudem sollte über Ursachen der Krankheit gesprochen werden und ihren Zusammenhang mit dem Job sowie über Möglichkeiten, eine erneute Erkrankung zu vermeiden.

  • Hamburger Modell

Das Hamburger Modell sieht vor, dass Arbeitnehmer*innen nach einer Erkrankung mit einer Stundenzahl von zwei Stunden täglich wieder zurück in den Beruf kommen. Für die Dauer dieser Zeit übernimmt die Krankenkasse die Kosten, Arbeitgeber*innen müssen nicht zahlen. Insbesondere für Betroffene psychischer Erkrankungen ist das eine gute Form des beruflichen Wiedereinstiegs, da es für sie oft gar nicht möglich ist, von einem Tag auf den anderen zurück zu einem Vollzeitmodell zu kommen. Gemeinsam mit ärztlichem oder psychotherapeutischem Fachpersonal wird dann ein stufenweiser Plan für die Rückkehr erarbeitet. Dieser kann jederzeit angepasst und verändert werden. 

  • Betriebliches Eingliederungsmanagement

Arbeitgeber*innen sind gesetzliche dazu verpflichtet, mit Angestellten, die länger als sechs Wochen im Jahr ausfallen, berufliches Eingliederungsmanagement zu betreiben. Dabei geht es darum, mit der zuständigen Interessenvertretung abzuklären, wie mit der bisherigen Arbeitsunfähigkeit ein guter Umgang gefunden und erneute vermieden werden kann. Für Betroffene ist die Teilnahme freiwillig.

Zudem gibt es ein paar Maßnahmen, die dabei helfen können, der Erkrankung an einer Depression bei Mitarbeitenden vorzubeugen:

  • Realistische Ziele

Um Überlastung und Überforderung zu vermeiden, ist es wichtig, realistische Erwartungen und Ziele zu setzen. Oft werden Anforderungen gestellt, die von einer Person so kaum erfüllt werden können und dann schnell zu Stress führen.

  • Pausen

Regelmäßige Pausenzeiten sind nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch wichtig für gute Leistungsfähigkeit sowie die psychische und körperliche Gesundheit. Arbeitgeber*innen können bewusst darauf achten, Mitarbeitende dazu zu ermutigen, sich regelmäßige Auszeiten zu gönnen.

  • Gesundheitsförderung

Um der Erkrankung an einer Depression und übermäßigem Stress im Arbeitskontext vorzubeugen, können Arbeitgeber*innen betriebliches Gesundheitsmanagement anbieten. Je nach Wahl kann das zum Beispiel Yoga, Meditation, Achtsamkeitskurse, Stressmanagement, Kochkurse oder anderweitige Aktivitäten und Sport beinhalten. 

  • Leistung honorieren

Lob und positive Worte sind für Arbeitnehmer*innen wichtig und können zur Motivationssteigerung beitragen. Natürlich sollten Mitarbeitende ihren Job möglichst gut ausführen, dennoch ist es wichtig das auch entsprechend zu honorieren.

  • Gesprächsbereitschaft

Arbeitgebern*innen sollten sich gesprächsbereit zeigen und auch dann für Mitarbeitende da sein, wenn sie Probleme haben. Da zu sein, Verständnis und Offenheit zu vermitteln, kann bei Überforderung schon einigen Druck nehmen.

Außerdem ist es für Arbeitgeber*innen und Kolleg*innen wichtig zu verstehen, dass depressive Phasen immer wieder kommen können und nicht einfach nach einer Auszeit weg sind. Darauf sollte Rücksicht genommen werden.

Tipps für Betroffene

Auch Betroffene können einige Dinge beachten, bevor sie nach einer Depression wieder zurück in den Job kommen. Es ist wichtig, den Tag wieder selbst strukturieren und zu einer geregelten Uhrzeit aus dem Bett kommen zu können. Zudem sollte es ihnen möglich sein, in irgendeiner Form Leistung zu erbringen, auch wenn zunächst nicht in der ursprünglichen Form. Auch Schlafstörungen sollten so gut es geht bereits behoben sein. Es wird dafür unter anderem auch empfohlen, tagsüber nicht zu schlafen, um das abendliche Einschlafen leichter zu machen. Für all diese Voraussetzungen ist in der Regel eine begleitende Psychotherapie notwendig. Arbeiten mit Depressionen ist dann durchaus möglich.

Geeignete Berufe für depressive Menschen

Kann man mit Depressionen arbeiten? Menschen, die unter Depressionen leiden, können ihre Jobwahl auch entsprechend ihrer Erkrankung verändern. Hier ist es oft wichtig, dass die Arbeit Kraft gibt und nicht zusätzlich energiezehrend ist. Dabei gilt es auch, sich zu überlegen, was einen erfüllt, wo man nicht nur funktioniert, ob man gerne in Kontakt mit anderen Menschen ist oder nicht. Geeignete Jobs für Depressive lassen sich nicht so einfach kategorisieren. Es ist wichtig, dass Betroffene auf sich selbst hören. Sie wissen selbst am besten, was ihnen Freude bereitet und wo sie sich sehen, ohne sich zu überfordern.

Online-Therapieprogramm bei Depression

Die Online-Therapieprogramme von Selfapy bieten zudem eine gute Möglichkeit der Unterstützung bei psychischen Belastungen. Die Kurse sind kostenfrei auf Rezept erhältlich. Für mehr Informationen vereinbare ein kostenloses Infogespräch.

Ein Artikel von

Felicitas Eva Lindner Redakteurin · Journalismus M.A. | Psychologie B.Sc. | Psychologie M.Sc.

Artikel teilen

Quellenangaben

  1. arbeitstipps.de (o.J.). Berufliche Wiedereingliederung nach Depression - Kleiner Leitfaden für Arbeitgeber. Online verfügbar unter https://www.arbeitstipps.de/berufliche-wiedereingliederung-nach-depression-kleiner-leitfaden-fuer-arbeitgeber.html [18.08.22].
  2. Brühlmann, T. O. N. I. (2010, February). Burnout und Depression, Überschneidung und Abgrenzung. In Swiss Medical Forum (Vol. 10, No. 08, pp. 148-151). EMH Media.
  3. deutsche-depressionshilfe.de (o.J.). Was ist eine Depression? Online verfügbar unter https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/was-ist-eine-depression [17.08.22].
  4. Dobmeier, Julia; Fux, Christiane (2022). Depression. Online verfügbar unter https://www.netdoktor.de/krankheiten/depression [17.08.22].
  5. Linden, M., & Weidner, C. (2005). Arbeitsunfähigkeit bei psychischen Störungen. Der Nervenarzt, 76 (11), 1421-1431.
  6. Ohl, Lisa (2021). Geeignete Berufe für Depressive: Das sollten Sie wissen. Online verfügbar unter https://praxistipps.focus.de/geeignete-berufe-fuer-depressive-das-sollten-sie-wissen_137480 [17.08.22].
  7. von Petersdorff, Griet (2021). Volkskrankheit Depression: Wenn die Arbeit trübsinnig macht. Online verfügbar unter https://www.tagesschau.de/wirtschaft/depression-arbeitswelt-101.html [17.08.22].
  8. zdf.de (2021). Trotz Depression im Job: Die Rückkehr ins Berufsleben kann helfen. Online verfügbar unter https://www.zdf.de/gesellschaft/volle-kanne/volle-kanne-trotz-depression-im-job-100.html [17.08.22]. 

Ähnliche Artikel

CE icon

CE-Zulassung

Selfapy ist ein CE-zugelassenes Medizinprodukt der Klasse 1.

trust icon

Wissenschaftlich fundiert

Wir führen klinische Wirksamkeitsstudien zu all unseren Kursen durch.

lock icon

Datensicherheit & DSGVO

Daten werden DSGVO konform vertraulich behandelt und unsere Systeme sind ISO 27001 zertifiziert.

pageview counter pixel