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Definition: Was ist Arachnophobie?
Die Arachnophobie, auch als “Spinnenphobie” oder “Spinnenangst” bekannt, zählt zu den spezifischen (isolierten) Phobien und trägt als Tierphobie deshalb den Diagnosecode F40.2 im ICD-10. Bei Betroffenen löst eine objektiv ungefährliche und nicht lebensbedrohliche Situation intensive Angstzustände aus, die sich durch Herzklopfen, Schwächegefühle, Todesangst, Kontrollverlust oder das Gefühl wahnsinnig zu werden, äußern. Die Angst vor Spinnen ist dann so groß, dass allein die Vorstellung einer Spinne meist schon Erwartungsangst erzeugt. Betroffene sind meist nicht mit rationalen Argumenten umzustimmen und in ihrem alltäglichen Leben durch Vermeidungsverhalten stark beeinträchtigt.
Ab wann spricht man von einer Phobie?
Die normal einzustufende Angst vor Spinnen ist in geringem Ausmaß recht weit verbreitet. Doch was ist der Unterschied zwischen einer Phobie vor Spinnen und normaler Angst? Personen, die unter einer Spinnenphobie leiden empfinden eine so intensive Angst, dass es ihr alltägliches Leben derart einschränkt, sodass bestimmte Orte oder Situationen gemieden werden. Ihnen ist es oftmals peinlich darüber zu sprechen oder sich zu erklären, weil sie wiederum auf Unverständnis stoßen. Andere Menschen müssen gesichtete Spinnen für sie entfernen, damit sie sich beispielsweise hinsetzen oder einen Raum betreten können.
Arachnophobie - Ursachen
Angst ist eigentlich ein normaler und nützlicher Schutzmechanismus, der uns vor Gefahrensituationen warnen soll. Spinnen sind in den urbanen Räumen der westlichen Städte jedoch so selten und ungefährlich geworden, dass sich niemand seines oder ihres Lebens fürchten muss. Dass eine Spinne eklig wirkt, weil Spinnen und Menschen einen sehr unähnlichen Körperbau haben, also sehr verschieden sind, ist eine von vielen Theorien. Eine starke (körperliche) Angstreaktion, die bei einer objektiv nicht lebensbedrohlichen Situation auftritt, könnte auf eine Angststörung hindeuten.
Warum ekeln wir uns vor Spinnen?
Aber warum haben Menschen Angst vor Spinnen? Wie eine Spinnenphobie entsteht, ist in vielen verschiedenen Ansätzen thematisiert worden und nicht durch einen einzigen Auslöser bestimmbar. Die populärsten Erklärungen sind folgende.
- Evolutionsbiologische Sicht (Preparedness): Die Spinne war ein Feind unserer Vorfahren, die mit giftigen Exemplaren als heute in Kontakt kamen und sich schützen mussten. Möglicherweise wurde diese Angst vererbt und ist ein “Überbleibsel” aus früheren Zeiten.
- Negative, bedrohliche, traumatische Erfahrungen in der Vergangenheit: Manche können sich an traumatische Erfahrungen, meist aus der Kindheit, erinnern, andere wiederum sind überzeugt “die Angst sei schon immer da gewesen”.
- Psychoanalytische Sicht: Die Spinne ist dem menschlichen Wesen in Körperbau, Art und ihrer leisen Fortbewegung so fremd, sodass sich vor einem unbekannten dunklen und gruseligen Wesen gefürchtet wird, das nicht berechenbar ist.
- Soziologische Sicht und Modelllernen: Die Angst vor Spinnen ist (von Vorbildern wie den Eltern) erlernt und wird gesellschaftlich “anerkannt” bzw. durch Medien transportiert. Bekannte Beispiele sind die Kinderlieder “Itsy Bitsy Spider” oder das von der “Little Miss Muffet”. Auch Ron Weasley aus den Harry Potter Filmen bietet Identifikationspotenzial für alle Kinder mit Phobie vor den Achtbeinern.
Fun Facts & Tipps
Gerade im Herbst, wenn es draußen kalt wird und drinnen die Heizungen laufen, kommen Spinnen gern ins Haus und machen es sich in dunklen Ecken gemütlich. Verschiedene Gadgets wie der “Katcha Spinnenfänger” zum Beispiel wurden hierfür entwickelt. Er sieht aus wie das Laserschwert von Darth Vader, fängt aber Spinnen ein. Auch der “Snapy” schafft Abhilfe bei Insektenphobie oder wenn die Spinne im Zimmer Angst auslöst. Bewährte Tipps von Kenner:innen sind Lavendelpflanzen und Duftkerzen - die sollen Spinnen vertreiben können.
Manche fragen sich bei diesen Hilfsmitteln vielleicht: Haben Spinnen Angst vor Menschen? Und falls nicht, wovor haben Spinnen Angst? Die Legenden um die Antworten auf diese Fragen ranken sich tief in das World Wide Web und können abgesehen von ihren Fressfeinden nicht genau ergründet werden. Fun Fact: Blaue Kleidung zu tragen kann helfen, denn Spinnen können die Farbe “blau” angeblich nicht sehen, “grün” aber wegen der antizipierten Ähnlichkeit mit Pflanzen umso besser.
Wie heißt es, wenn jemand eine abnorme Angst vor Spinnen in Regenmänteln hat? (Antwort ganz unten*)
Spinnenphobie besiegen, so geht’s: Therapie & Selbsthilfe
Nicht alle Arachnophobien ziehen eine Behandlung notwendigerweise nach sich. Nur wenn der Leidensdruck besonders hoch ist und der Alltag der Betroffenen besonders eingeschränkt wird, sollte man über eine Psychotherapie nachdenken. Das Mittel der Wahl sind hierbei Verhaltenstherapien mit Expositionsverfahren in vivo, die populär auch “Konfrontationstherapie” genannt werden. Es werden meist sogenannte Angsthierarchien erstellt, bei denen die Betroffenen mit Phobie vor Insekten oder Spinnen beängstigende Situationen nach “Angstgrad” ordnen. Danach beginnt die Erfahrung mit echten Spinnen, denen sich schrittweise angenähert wird. Eine ähnliche Form der Therapie bieten Virtual Reality (VR)- Brillen, die die Situationen lebensecht nachbilden. Wer seine Angst vor Spinnen verlieren möchte oder sich fragt, wie man sich selbst helfen kann:
Die App “Phobys” wurde von Forscher:innen aus Basel entwickelt und in einer Studie an Spinnenphobiker:innen überprüft. Sie bietet eine neue und vor allem schnelle Alternative, wenn der Therapieplatz noch in weiter Entfernung liegt und man sich selbst helfen möchte. Die App arbeitet mit “Augmented” Reality, das heißt, dass über die Handykamera Bilder bzw. Videos von Spinnen lebensecht zum Beispiel auf die Hand oder in den Raum projiziert werden, sodass Betroffene sich zunächst “nur” digital konfrontieren müssen. In aufeinanderfolgenden Schritten steigern sich die Situationen wie auch in der “echten” Psychotherapie.
Damit man die Angst vor Spinnen loswerden kann, ist es psychologisch betrachtet wichtig, sich auch mit den Gedanken und Gefühlen zu beschäftigen, die eine Phobie ausgelöst und begünstigt haben könnten. Oft spielen großer Ekel oder Abscheu und Vorurteile eine Rolle. Dafür werden meistens schon im Kindesalter die Grundsteine gelegt: man erinnere nur mal an die Spinne “Tekla” aus der Kinderserie Biene Maja, die immerfort die böse und gemeingefährliche Rolle einnimmt, obwohl sie sich eigentlich beim Mückenfang ziemlich nützlich macht. Sich für Informationen über die Tiere zu öffnen und objektiv ihren natürlichen Lebensraum sowie ihren Nutzen kennenzulernen kann sich positiv auf die Phobie und das Verständnis von ihr auswirken. Um zum Beispiel Kindern den neutralen und nicht angstbesetzten Blick auf die Achtbeiner beizubringen gibt es Comics oder neu entwickelte Videos und Serien mit (lieben und netten) Spinnen in der Hauptrolle. Ein besonders niedliches Beispiel ist die “Spinne Lucas”, die vom Animator Josh Slice entwickelt wurde. Seine Stimme bekam Lucas von Josh’s Neffen geliehen.
*Auflösung: Die richtige Antwort ist "Anorakaphobie"
Quellenangaben
- A. Zimmer, N. Wang, M. K. Ibach, B. Fehlmann, N. S. Schicktanz, D. Bentz, T. Michael, A. Papassotiropoulos, D. J.F. de Quervain: Effectiveness of a smartphone-based, augmented reality exposure app to reduce fear of spiders in real-life: A randomized controlled trial, Journal of Anxiety Disorders, Volume 82 2021, 102442, ISSN 0887-6185, https://doi.org/10.1016/j.janxdis.2021.102442.
- https://en.wikipedia.org/wiki/Little_Miss_Muffet
- https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-who/kode-suche/htmlamtl2019/block-f40-f48.htm
- https://www.hogrefe.com/de/thema/spinnenphobien-was-und-wie-behandeln
- https://www.lernen.net/artikel/arachnophobie-angst-vor-spinnen-6623/
- https://www.planet-wissen.de/natur/insekten_und_spinnentiere/spinnen/pwiearachnophobieangstvorspinnen100.html
- https://www.thieme.de/de/psychiatrie-psychotherapie-psychosomatik/woher-kommt-die-angst-vor-spinnen-49410.htm
- https://www.uniklinik-freiburg.de/presse/publikationen/im-fokus/2020/die-angst-vor-spinnen-in-den-griff-kriegen.html