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Angst zu haben ist normal und in bestimmten Situationen kann sie sogar lebensnotwendig sein. Angst kann aber auch so weit gehen, dass sie das Leben und den Alltag von Menschen stark einschränkt. Betroffene von Agoraphobie haben Angst vor bestimmten Situationen. Entsprechende Situationen können zum Beispiel das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln, große Menschenansammlungen oder auch das Betreten von Geschäften oder Krankenhäusern sein.
Inhaltsverzeichnis
Agoraphobie: Definition
Was ist Agoraphobie? Platzangst, Fachbegriff Agoraphobie, ist ein Begriff der ursprünglich aus dem Altgriechischen kommt. Er setzt sich zusammen aus den Worten Marktplatz (agora) und Furcht (phobos). Fälschlicherweise wird aufgrund des Wortes “Platzangst” demnach oft angenommen, es handle sich um Angst in engen Räumen. Doch Angst vor engen Räumen wird mit dem Fachbegriff Klaustrophobie betitelt. Agoraphobie bezeichnet die Angst, in eine Situation oder an einen Ort zu kommen, aus der oder von dem man nur schwer entkommen kann.
Agoraphobie/ Klaustrophobie Unterschied
Klaustrophobie: Klaustrophobie bedeutet übersetzt Raumangst. Sie bezeichnet also die Angst vir dem Aufenthalt in engen oder geschlossenen Räumen.
Soziale Phobie: Hin und wieder komm es auch vor, dass die Agoraphobie mit einer sozialen Phobie verwechselt wird. Doch diese meint eigentlich die Angst vor Menschen, Fachbegriff hierfür ist "Spezifische Phobie" und wird in der Unterkategorie als "Soziale Phobie" bezeichnet. In der Regel meint sie die Angst vor Menschen im Allgemeinen und nicht die Angst vor bestimmten Menschen.
Diese Situationen oder Orte werden oft bewusst gemieden da sich mit der Zeit eine allgemeine Angst aus dem Haus zu gehen entwickelt. Sie zu ertragen ist für Betroffene von Agoraphobie nur schwer möglich. Der Klassifikationscode im ICD10 für Agoraphobie ist F40.
Folgende Ängste können bei Betroffenen von Agoraphobie auftreten:
- Angst vor zu vielen Menschen oder auch Angst vor Menschenmassen
- Angst vor großen Plätzen
- Angst vor großen Räumen
- Angst vor die Tür zu gehen
- Angst vor neuen Orten
- Angst einkaufen zu gehen
- Angst vor Entfernung von zu Hause
- Angst vor neuen Situationen
Agoraphobie mit Panikstörung (ICD10: F40.01)
Agoraphobie tritt häufig gemeinsam mit einer Panikstörung auf. Die Klassifikation im ICD10 ist F40.01. Eine Panikstörung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Angst der Betroffenen sehr plötzlich und unerwartet auftritt und auch für die Betroffenen selbst überraschend ist. Bevor sich eine Agoraphobie entwickelt, kommen häufig zunächst Panikattacken vor, die durch bestimmte Situationen ausgelöst werden. Panikattacken bei Menschenmengen und Menschenansammlungen gehören zu den häufigsten. Die Situationen sind für Außenstehende in der Regel komplett harmlos, für agoraphobische Menschen können sie aber massiv angstauslösend sein. Busfahren, Autofahren oder das Betreten eines Supermarktes können solche Situationen sein.
Agoraphobie: Symptome
Als sehr allgemeines Symptom der Agoraphobie lässt sich festhalten, dass viele Betroffene sich aufgrund der immer wiederkehrenden Ängste oft kaum noch aus dem Haus trauen und sich die Angst insbesondere auch als Angst vor der Angst bemerkbar macht. Doch wie machen sich Panikattacken und Ängste im Alltag bemerkbar?
Damit die Diagnose der Agoraphobie gestellt werden kann, müssen mindestens zwei der hier angeführten Situationen als angstauslösend empfunden und deshalb großteils vermieden werden:
- Ansammlungen von vielen Menschen
- öffentliche Verkehrsmittel
- Fernreisen bzw. Reisen mit einer weiten Entfernung von zu Hause
- Reisen alleine
Zudem gibt es bestimmte Symptome, die bei Agoraphobie auf körperlicher Ebene vorkommen:
- Herzklopfen
- starkes Schwitzen
- Mundtrockenheit
- Zittern am Körper
- Schwierigkeiten zu atmen
- Übelkeit und ein flaues Gefühl im Magen
- Schwindel, Benommenheit und körperliche Schwäche
- Angst vor Kontrollverlust, Angst verrückt zu werden oder auch Angst zu sterben
- Depersonalisation und/ oder Derealisation
Betroffene von Agoraphobie fürchten diese öffentlichen Situationen eher weniger aufgrund von Scham, sondern weil sie im Falle einer Panikattacke oder Ohnmacht fürchten, keine Hilfe zu erhalten. Sie sind sich oft darüber im Klaren, dass ihre Ängste überzogen sind und in keinem Verhältnis zur Realität stehen, können sie aber nicht unterdrücken, wodurch sie immer stärker wird. Irgendwann ist die Angst oft so stark, dass alleine die Vorstellung einer entsprechenden Situation schon Symptome bei betroffenen Personen auslösen kann.
Agoraphobie: Ursachen
Wie bei allen psychischen Beeinträchtigungen gibt es auch bei der Agoraphobie eine Reihe von Ursachen, die bei der Entwicklung der Erkrankung eine Rolle spielen können.
Erbliche Faktoren
Forschungsergebnisse zeigen, dass genetische Faktoren das Erkranken an Agoraphobie begünstigen können. So ist das Risiko für Kinder von Eltern, die an Platzangst leiden, höher, ebenso zu erkranken.
Zusätzlich gibt es Hinweise darauf, dass die Fehlfunktion der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Gehirn bei der Entstehung von Agoraphobie eine Rolle spielt.
Trauma und Belastung
Menschen, die schon früh im Leben Traumata oder eine Belastungssituation erlebt haben, neigen eher dazu später im Leben eine Angststörung zu entwickeln als andere. Dabei kann es sich zum Beispiel um Missbrauch, den Verlust eines Elternteils, die Trennung der Eltern oder auch eine Krankheit handeln.
Anfälligkeit für Angst
Manche Menschen sind auch einfach sensibler für Angsterkrankungen als andere. So empfinden sie zum Beispiel körperliche Veränderungen wie Schwitzen stärker oder nehmen sie intensiver wahr, was Angst verstärken und den Angstkreislauf noch schlimmer machen kann. Die Angst wiederum verstärkt nämlich die körperlichen Symptome.
Behandlung von Agoraphobie
Unbehandelt lässt sich Agoraphobie nur schwer in den Griff bekommen, mit Hilfe von Therapie und/ oder Medikamenten ist die Krankheit jedoch gut therapierbar.
Kognitive Verhaltenstherapie
Zur psychotherapeutischen Behandlung der Agoraphobie eignet sich vor allem die kognitive Verhaltenstherapie. Sie setzt bei Agoraphobie da an, wo die übersteigerten und unrealistischen Angstgedanken anfangen. Die Therapie arbeitet daran, die Vermeidungsstrategien, die Betroffene im Laufe der Zeit entwickelt haben, aufzulösen. Damit die Therapie auch erfolgreich verläuft ist es jedoch unvermeidbar, dass Betroffene bereit dazu sind, sich intensiv mit ihren Ängsten auseinander zu setzen. Hierbei spielt die Methode der Exposition, also der schrittweisen Konfrontation, eine wichtige Rolle. Betroffene werden im Anschluss dazu ermutigt, von ihren Symptomen und Erfahrungen während der Konfrontation zu berichten. So können Betroffene lernen, dass die Symptome die sie erleben, nicht lebensbedrohlich sind und den Angstkreislauf so unterbrechen.
Medikamente
Angsterkrankungen werden oft auch medikamentös behandelt. In der Regel werden hier Wiederaufnahmehemmer gegeben. Diese bewirken, dass ein Botenstoff, im Falle von Angst entweder Noradrenalin oder Serotonin, länger in einer Zelle und so angstlösend wirken können, bevor sie wieder aufgenommen werden.
Ein weiteres Medikament, das bei Ängsten zum Einsatz kommt, ist ein trizyklisches Antidepressivum. Jedoch kommen bei der Verabreichung davon häufiger Nebenwirkungen vor und es besteht eine stärkere Gefahr zur Abhängigkeit. Nebenwirkungen können unter anderem Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen sowie Übelkeit und Erbrechen sein. Bei Wiederaufnahmehemmern sind sowohl Nebenwirkungen als auch die Entwicklung einer Abhängigkeit seltener.
Psychodynamische Psychotherapie
Die psychodynamische Psychotherapie geht davon aus, dass ungelöste Konflikte für die Beschwerden von Patient:innen verantwortlich sind. Um Ängste zu bewältigen, hilft die psychodynamische Psychotherapie betroffenen Personen dabei, diese Konflikte zu identifizieren und durch Gespräche zu bearbeiten.
Tipps für den Umgang mit Agoraphobie
Neben einer Psychotherapie und medikamentöser Behandlung gibt es weitere Empfehlungen für einen besseren Umgang mit Agoraphobie.
Tipps für Betroffene
- Sport: Körperliche Aktivität wirkt sich immer auch positiv auf die Psyche aus. Bei Agoraphobie und Angsterkrankungen im Allgemeinen haben insbesondere Ausdauersportarten wie Laufen oder auch Fahrradfahren eignen sich gut, um die mentale Gesundheit zu stabilisieren und Gedankenkreise zu stoppen.
- Aktive Entspannung: Entspannungstechniken wie Meditation oder autogenes Training können dabei helfen, gezielt an der Entspannung zu arbeiten. Da sich diese Methoden als sehr positiv für die Psyche erwiesen haben, werden die Kosten für einige Angebote sogar von den Krankenkassen übernommen.
- Sich informieren: Je mehr du über deine Erkrankung weißt, desto mehr hast du sie im Griff und nicht umgekehrt. Um besser mit einer Panikattacke umgehen zu können, kann es hilfreich sein, sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass die körperlichen Symptome wie ein erhöhter Puls oder auch Schwitzen zwar Symptome der Erkrankung sind, aber keine lebensgefährlichen Folgen haben und auch eine Ohnmacht oder ein Herzinfarkt nicht auftreten werden.
- Vermeidung gering halten: Um den Angstkreislauf nicht aufrecht zu erhalten, sollte die Vermeidung von Plätzen und Situationen die von Betroffenen als angstauslösend empfunden werden, möglichst gering gehalten werden. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der Therapie von Agoraphobie, sich mit den angstauslösenden Situationen zu konfrontieren. Aber es ist wichtig diesen Gedanken auch unabhängig von der Therapie im Hinterkopf zu haben.
Tipps für Angehörige und Freund*innen
Der Umgang mit Agoraphobie oder einer anderen Angsterkrankung ist für Angehörige oft genauso schwer wie für Betroffene. Die Erkrankung betrifft sie ebenfalls, da die Beziehung und die Möglichkeiten für gemeinsame Unternehmungen massiv eingeschränkt sind. Oft kommt Angehörigen das Verhalten der erkrankten Personen irrational und eigenartig vor, was ebenfalls einen Einfluss auf die Beziehung haben kann.
- Bewusstsein dafür, dass es sich um eine Krankheit handelt: Genauso wie eine Erkältung ist Agoraphobie eine Erkrankung. Betroffene leiden selbst unter ihrem Verhalten, können es nicht selbst kontrollieren und handeln nicht so, um Aufmerksamkeit zu erlangen oder weil sie eigenartig sind.
- Sich informieren: Genauso wie bei den Betroffenen selbst gilt: Je mehr man selbst über die Erkrankung weiß, desto besser kann man sie verstehen und damit umgehen. Zudem kann das sich informieren Missverständnissen und Konflikten vorbeugen.
- Motivation zur Therapie: Für Betroffene kann es viel bedeuten, wenn ihnen nahe stehende Personen versuchen, sie zur Therapie zu motivieren.
- Selbst professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Die Situation kann auch für Betroffene sehr anstrengend und einschränkend sein. Es kann in so einem Fall hilfreich sein, selbst eine Therapie in Anspruch zu nehmen oder sich zum Beispiel einer Selbsthilfegruppe für Angehörige anzuschließen.
- Keine destruktiven Verhaltensmuster stärken: Oft neigen Angehörige dazu, das Vermeidungsverhalten oder auch anderes destruktives Verhalten von Betroffenen zu stärken. Doch hier gilt der bereits genannte Punkt, sich zu informieren. Um Agoraphobie erfolgreich begegnen zu können, ist es wichtig zu wissen welches Verhalten bestärkt und welches eher vermieden werden sollte.
Es ist wichtig zu verstehen, dass eine ernsthafte psychische Erkrankung einer Therapie und professioneller Hilfe bedarf. Die Online-Kurse von Selfapy können ein erster Schritt in diese Richtung sein.
Quellenangaben
- Barnhill, John W. (2020). Agoraphobie. Online verfügbar unter https://www.msdmanuals.com/de/heim/psychische-gesundheitsst%C3%B6rungen/angstst%C3%B6rungen-und-stressbezogene-erkrankungen/agoraphobie [10.02.22].
- Dobmeier, Julia (2018). Agoraphobie. Online verfügbar unter https://www.netdoktor.de/krankheiten/phobien/agoraphobie/ [15.02.22].
- IVAH (o.J.). Agoraphobie und Panikstörung. Erklärung. Online verfügbar unter https://www.ivah.de/patienten-psychische-stoerungen-agoraphobie-erklaerung.html [10.02.22].
- Psychenet. Netz psychische Gesundheit (o.J.). Informationen. Panik und Agoraphobie. Online verfügbar unter https://www.psychenet.de/de/psychische-gesundheit/informationen/panik-und-agoraphobie.html [10.02.22].
- Stiftung Gesundheitswissen (2020). Leben mit Angststörungen: Was kann im Alltag helfen? Informationen und Tipps für Betroffene und Angehörige. Online verfügbar unter: https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/presse/leben-mit-angststoerungen-was-kann-im-alltag-helfen [15.02.22].